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VG WORT Tour 132: Kapverden; Dakar - Abidjan (2.925 km)


Faltrad vor Wandmalerei in Monrovia
In Monrovia, Liberia


Tour 132: Kapverden; Dakar - Monrovia - Abidjan (12.12.2024-19.1.2025) 2.925 km
Teil 2: Januar 2025
Sierra Leone, Liberia, Elfenbeinküste


Neujahrs-Frükstück im Dohas Hotel, Bo Primaten-Wildschutzgebiet und Smartphone-Kino
Mittwoch, 1. Januar 2025, Neujahr: Bo (S.L.) - Potoru - Kambama (90 km)

Beim Neujahrsfrühstück bin ich der erste und vorerst einzige. Es sieht nach Buffet aus. Alles wird aber zugeteilt: Toast, Cookie, Plantainstück, Butterstückchen. 
Die Tasche hänge ich höher unter den Sattel, damit sie mehr auf dem Gepäckträger schwebt und das Gewicht ein bisschen besser auf beide Räder verteilt wird. Ich versuche das Speichen-schonendste Radeln zu vollführen, das ich hinbekomme: nicht schneller als 30 Stundenkilometer, jede Unebenheit meidend, alle 25 Kilometer werden die Speichen überprüft. 
Auch nach 75 Kilometern in Potoru ist alles stabil. Hier lockt ein Abstecher zum Tiwai Island Wildlife Sanctuary, eine Insel im Fluss Moa, die zum Wildschutzgebiet erklärt wurde. Laut Wikipedia machen elf verschiedene Primatenarten "Tiwai zum wichtigsten Affenschutzgebiet der Erde". Samt Eco Camp. Die Homepage sah gestern Abend vielversprechend aus. Für eine Buchungsanfrage sollte man ein Formular downloaden und ausfüllen und so weiter. Das schien mir zu aufwendig und zeitlich zu knapp.
Allerdings stehen zunächst 15 Kilometer Piste an. Um die Speichen auch dabei wie rohe Eier zu behandeln, fahre ich maximal 15 Stundenkilometer, bin ständig an der Bremse. 


Strohhütte
Strohhütte

Frau am Waschbrett
Frau am Waschbrett


Kambama: Privatunterkunft Vor Ort stoße ich statt auf das erwartete und auf der Karte eingezeichnete Eco Camp auf ein Dorf. Und einen geschäftstüchtigen Mann, der offenbar privat Wildlife-Wanderung und Übernachtung in Eigenregie anbietet. Angeblich viel günstiger. Das Zimmer, das irgendjemand räumt, ist schon mal völlig überteuert. Beim Herumlaufen entdecke ich Frauen am Fluss Moa mit vollem Einsatz am Waschbrett, aber kein Eco Camp. 
Für die Affen-Tour werden mein Guide Bobo und ich mit einem Motorboot über den Moa auf die Insel gebracht. Dann ziehen wir fast drei Stunden über die Insel. Bobo erklärt natürlich gleich, dass das hier kein Zoo sei und man mal mehr, mal weniger Glück mit der Sichtung von Tieren habe. 
Aber schon die Pfade durch den dichten Wald, das Steigen über die riesigen, Jahrhunderte alten Wurzeln, die Geräuschkulisse der (insgesamt 135 hier lebenden) Vogelarten, später auch des Kingfisher (Eisvogel), ist wunderbar. Affen machen sich zunächst rar. Laut Bobo leben nur neun verschiedene Primatenarten auf der Insel. Dann tauchen zwei, drei voluminöse Primaten auf. Später springen zig Schimpansen ganz oben durch die Baumwipfel. Bobo und ich halten immer wieder inne. 
Mit dem letzten Tageslicht erreichen wir die kleine Bucht, in der das Boot aufgesetzt hat. Das ist aber weder an diesem noch am anderen Ufer zu sehen. Bobo ruft hinüber, aber es dauert ein Weile, bis ein kleiner Junge das Einbaumkanu wie einen Stocherkahn über den Moa steuert. Ich soll zunächst nicht zu nah am Ufer warten (Krokodile!). Als es im Wald dunkel wird, soll ich möglichst nah ans Ufer. Da sind die Krokodile egal. Und als die wackelige Überfahrt hinter uns liegt, soll ich ein Vielfaches zahlen, von dem was ich verstanden habe. Immer noch bescheidene Beträge. Dafür bekomme ich auch noch was zu Essen. 
Abends versammeln sich Mädchen und Frauen vor meiner Familienunterkunft und schauen auf dem Display eines Smartphones einen englischsprachigen afrikanischen Film, so eine Art Soap. Für mich ein interessanter Einblick in die Unterhaltungskultur. Ich bekomme einen Heiratsantrag von einer Zwanzigjährigen. Die sich kurz darauf aber wieder ihrem Freund widmet.


Tiwai Island Wildlife Sanctuary: Bambus
Tiwai Island Wildlife Sanctuary: Bambus

Boote auf dem River Moa
Boote auf dem River Moa

Wurzeln
Wurzeln

Kambama: Abendkino auf dem Smartphone
Kambama: Abendkino auf dem Smartphone


Zehnjähriges Mädchen Noch ärmlicher
Donnerstag, 2. Januar 2025: Kambama - Potoru - Grenze Sierra Leone/Liberia - Bo (Lib.) (95 km)

Lange noch tönt Musik in die Nacht des Dorfes und auch am Morgen wieder. Trotzdem schlafe ich ganz gut. In aller Frühe rausche ich ohne Frühstück davon. Rund 15 Kilometer zurück über die Piste nach Potoru. Die Sonne geht auf über dem Regenwald. Zwei junge Mädchen bitte ich, Aufnahmen von mir auf dem Rad zu machen. Die zehnjährige ist mit Begeisterung dabei.
In Potoru bekomme ich Frühstück an einer Garküche: Reis mit einer Spinatmasse mal wieder. Sehr lecker. Ich bin zurück auf der großen, kaum befahrenen Straße zur Grenze. Die ist seit der Abzweigung in Bo gestern markiert. Samt Seitenstreifen. So kann ich noch sicherer auch auf der linken Seite fahren. Im ganzen Land war auf meinen Strecken so wenig Verkehr, dass ich mir angewöhnt habe, sorglos kreuz und quer über die Fahrbahn zu gleiten. Im Notfall werde ich per Hupe liebevoll gewarnt. 
Bei Jaiwulo überquere ich den River Moa auf einer Brücke und komme auch noch mal durch Regenwald. Durch die Pistenfahrt nach Tiwai ist mir noch mal klar geworden, wie einzigartig das Asphaltband der Straße weit und breit ist, auf dem ich durch die Gegend gleite.
Gegen halb drei bin ich an der Grenze. Diesmal bin ich innerlich viel ruhiger als bei der Einreise nach Sierra Leone. Die letzten Devisen werden in Softdrinks umgesetzt, die Grenzstationen sind auf die beiden Ufer des Grenzflusses Mano verteilt. Also erst Ausreise aus Sierra Leone, wo ich vorübergehend mit den Stempeln allein gelassen werde. Ich frage einen von der Immigration nach Geldwechsel. Der versucht einen Geldwechsler herbeizurufen. Die haben aber alle keine Lust.


Chris on the Brompton
Chris on the Brompton

Piste zum Tiwai Island Wildlife Sanctuary
Piste zum Tiwai Island Wildlife Sanctuary

Rice with Sauce
Rice with Sauce

Bei Gonohun, Sierra Leone
Bei Gonohun, Sierra Leone

Grenzfluss Mano: Welcome to Liberia
Grenzfluss Mano: Welcome to Liberia


Liberia: Stempel an der Grenze Also rüber über Fluss und Grenze. Ein Schild begrüßt mich mitten auf der Brücke: Welcome to Liberia. Auch hier ist die Abfertigung recht zügig. Das Visum habe ich per Post bei der liberianischen Botschaft in Berlin bekommen. Das einzige dieser Tour, das nur durch Einschicken zu bekommen war.
Nachdem ich aus dem Zoll raus bin, halte ich noch mal verstärkt Ausschau nach Geldwechslern. Problemlos kann ich den Kurs noch ein bisschen hochhandeln und dann hundert Euro tauschen. Ein, zwei Kilometer weiter am Ende des Grenzortes, der ebenfalls Bo heißt, aber ganz klein ist, liegt weit und breit die einzige Unterkunft, das Beeh-Cee Guest House.
Im Verhältnis zu Liberia wird es wieder etwas teurer, dafür noch ärmlicher. Es gibt kein fließend Wasser im Bad, aber der Wasserbottich wird mir gefüllt mit Brunnenwasser aus dem Hof. Es ist noch früh am Tag. Deshalb ist großes Wäschewaschen angesagt, das kleine gibt es jeden Tag.
Ich gehe ich noch mal zurück zur Grenze und kann dort tatsächlich eine Orange-SIM-Karte erwerben samt einem gewissen Guthaben. So richtig funktionieren tut das Ganze erst, als mein Hotelier mein Handy von 4G runter auf 3G umstellt. Vielleicht wäre ich auch in Sierra Leone auf diese Weise häufiger online gewesen.
Bier gibt es auch, sogar in der Literflasche. Club Beer heißt es und stammt aus Liberia. Wie stets in großer Hitze bin ich Wasser und Softdrinks schnell leid und freue mich auf Bier, was ich zu Hause fast nie trinke. Leider war Bier bisher kaum auf dieser Tour zu bekommen.


Nebelschwaden im Regenwald
Nebelschwaden im Regenwald

Sonnenaufgang im Dunst
Sonnenaufgang im Dunst


Ehrliche Smartphone-Finder Das erste Fufu
Freitag, 3. Januar 2025: Bo (Lib.) - Monrovia (131 km)

Noch vor dem Sonnenaufgang starte ich. Die Gegend ist sehr waldig, regenwaldig. Da macht sich der Sonnenball im Dunst sehr gut darüber. Zum Teil gibt es doppelte Nebelschichten. Es fühlt sich sehr, sehr einsam an hier.
Nach knapp 40 Kilometern die erste Pause in Sinje. Auch hier gibt es übrigens ein Beeh-Cee Guest House. Ich kaufe und esse frittierte Bällchen. Als ich weiter fahre, merke ich, dass ich die Tracking-Apps wohl aus Versehen abgeschaltet habe, oder sie haben sich von selbst abgeschaltet. Also starte ich sie beim Weiterfahren neu.
Dann ein Déjà-vu. Mein Handy ist schon wieder weg. Wieder rund zwei Kilometer seit der letzten Nutzung. Ich rase zurück. Frage die Leute am Wegesrand nach dem Handy. Niemand hat was gesehen. Ich komme zurück an meine Pausenstation. Die beiden Jungs, die mich beobachtet haben, stehen am Straßenrand mit meinem Handy in der Hand. Was für ein Segen.
Ich mache ein Foto mit ihnen, gebe ihnen ein Trinkgeld, Finderlohn. Der Schock ist beim zweiten Mal nicht so stark. Trotzdem bin ich überglücklich.


Reifenheber in Aktion
Reifenheber in Aktion

Wieder ein Draht im Mantel
Wieder ein Draht im Mantel

Helfer an der Tankstelle
Helfer an der Tankstelle


Fufu Die Strecke läppert sich so dahin. Jenseits des Lawa River mache ich in Gbah meine Halbzeitpause. Am Straßenrand wird Fufu, ein stärkehaltiger Brei aus Maniok oder Yams und Kochbananen, angeboten. Das erste der Tour. Mit ein bisschen Fisch. Mittagessen für einen halben Euro. Gut gewürzt, lecker. 
Ich bin schon über hundert Kilometer heute geradelt, als das Hinterrad eiert. Wieder ein Platten. An einer Tankstelle, an der Sprit in Plastikflaschen verkauft wird, lasse ich mich im Schatten mit dem Brompton nieder. Ein Anwohner kommt, besorgt sogar einen Eimer voll Wasser zur Ursachensuche.
Ich finde wieder einen Draht im Mantel. Die Wasserprobe zeigt aber, dass nicht der Draht die Ursache ist. Der erste von den drei Flicken in Yonibana ist undicht geworden. Rund 350 Kilometer hat er immerhin gehalten. 
Mit dem nun vielfach geflickten Schlauch komme ich noch rund zwanzig Kilometer weit. Dann ist endgültig Schluss. Die letzten fünf, sechs Kilometer ins Herz der Hauptstadt Monrovia muss ich am Rande des Verkehrs schieben. In der Afrilodge finde ich ein gutes Quartier. Monrovias Hotels sind sehr teuer. Die Stadt ist faszinierend. Voller Leben. Hier kann ich gut einen Tag bleiben. Das Fahrrad verlangt das sowieso.


Monrovia
Monrovia


Rad im Hotelzimmer Ofanns Reparaturen und meine
Samstag, 4. Januar 2025: Monrovia

Der 'Ruhetag' beginnt um fünf Uhr. Ich wasche Wäsche, genieße den Luxus eines Wasserkochers Für Wäsche, Kaffee, Kräutertee. Wlan gibt es auch. Ich kann Fotos sichern in der Cloud. Sogar einen Kühlschrank gibt es. Es tut sooo gut, mal eine vernünftige Unterkunft zu haben. Obwohl die letzte in der Sylvesternacht gar nicht so weit zurück liegt. Das ganze Gepäck wird gecheckt, alle Statistiken up to date gebracht.   
Endlich nehme ich den Schlauchtausch in Angriff. Mit dem vielfach geflickten Schlauch hat es keinen Sinn mehr. Wie bei praktisch jeder Übernachtung in meinen mehr als 30 Quartieren auf dieser Tour, ist auch hier das Faltrad in meinem Zimmer. Durch die Befestigung der Tasche mit dem Sattel habe ich ein weiteres hilfreiches Argument dafür.
Mal eben ein YouTube-Tutorial ansehen, und schon geht's eigentlich ganz easy. Nur der Ring am Ventil leistet relativ viel Widerstand. Der neue Schlauch ist schmaler, was die Installation einfacher macht.
Bleibt das Speichen-Problem. Ich will neue Speichen kaufen und installieren lassen, um beide Räder wieder zu komplettieren. Ich gehe erstmal nur mit einer Referenzspeiche zu einem Radhotspot. Dort liefen sie mir gestern nach, um meinen Platten zu reparieren. Leider gibt es hier nur die gleichen Felgen-Größen wie ich sie in Sierra Leone gefunden habe. Die Speichen sind knapp zu kurz oder einiges zu lang. 
Die Händler, die auch reparieren, führen mich zu einer Open Air Werkstatt an der Brücke über den Saint Paul River. Hier fliegen viele Fahrradleichen rum. Da die Speichen nicht passen, wollen sie mir ein neues Hinterrad einbauen. Das erscheint mir noch nicht nötig. Ich will nur die vorhandenen Speichen nachziehen lassen.


Radwerkstatt am Saint Paul River, Monrovia
Radwerkstatt am Saint Paul River, Monrovia

Speichenvergleich
Speichenvergleich

Radwerkstatt am Saint Paul River, Monrovia
Speichenzentrierung


Saint Paul River, Monrovia Ich hole mein Brompton aus dem Hotelzimmer. Ofann soll die Speichen justieren. Das funktioniert zunächst ganz gut. Dann biegt er das ganze Hinterrad zum Schluss nochmal kräftig mit beiden Armen und alles ist hin. Das Rad eiert noch mehr und die Speichen sind lockerer als zuvor. Jetzt will Ofann einzelne Endkappen der Speichen ersetzen, weil die vorhandenen zum Teil nicht mehr richtig fassen. Die Luft muss also aus dem Reifen. Als er mit einem Schraubenzieher hantiert, fürchte ich um meinen vorletzten Schlauch. 
Dann macht Ofann eine Pause. Radelt weg. Ich bin zum äußersten gespannt. Der Rest der Tour steht in Frage. Ein kleines Mädchen, Tochter vom Chef oder von Ofann, schafft Ablenkung aber stresst alle zusätzlich. Ich lasse eine weitere Speiche von vorne nach hinten montieren, weil hinten inzwischen eine weitere gebrochen ist. Jetzt fehlen vorne fünf und hinten drei. Ofann will unbedingt das Hinterrad seitlich begradigen, was aber zulasten eines Höhenschlags geht. Vorne wird auch ein bisschen korrigiert. Aber zufrieden bin ich nicht. Es fehlen eben auch insgesamt acht Speichen. 
Immerhin hoffe ich mit seiner Pumpe, die eine Druckanzeige hat, wieder mehr Druck auf die Reifen zu bekommen. Obwohl ich seit Wochen kaum eine funktionierende Anzeige an Autos, Motorrädern oder technischen Geräte gesehen habe, glaube ich ernsthaft, dass die Druckanzeige an Ofanns Pumpe funktioniert. Pustekuchen.
Trotzdem belebt das Werkstatt-Erlebnis. Auch die ganze Stadt. Viel Chaos, Müll. Die Menschen sind nett. Ich fühle mich wohl und sicher. Radle zur katholischen Kathedrale, wo gerade eine Hochzeit ansteht. An einer amerikanischen Einrichtung in der Nähe der Botschaft hängt die Fahne auf Halbmast. Jimmy Carter ist gestorben. Im Jahr 2005 konnte ich ihn live in Jerusalem erleben. Eine beeindruckende Persönlichkeit. 
Die rot-weiß gestreifte Flagge Liberias mit einem weißen Stern auf blauem Grund erinnert an die enge Verbindung zu den USA. Die American Colonization Society kaufte 1822 einen Küstenstreifen, um dort freigelassene ehemalige Sklaven aus den Vereinigten Staaten anzusiedeln. Schon 1847 wurde Liberia unabhängig und wählte seine Staatsform nach dem Vorbild der USA. Die von Afroamerikanern abstammende Bevölkerungsschicht, Kreolen oder Amerikoliberianer genannt, machen zwar nur wenige Prozent der Bevölkerung Liberias aus, sind aber sehr einflussreich. So heißt die Währung Dollar, größere Beträge werden in US-Dollar gezahlt, Sprit wird in Gallonen verkauft.
Ich werde von einer Polizeikontrolle angehalten, weil ich gegen eine angebliche Helmpflicht für Fahrradfahrer verstoßen habe. Das ist bizarr angesichts des scheinbaren Chaos und der scheinbaren Regellosigkeit ringsherum. Ich verweise auf Probleme mit meiner Halswirbelsäule. Was leider stimmt und die Polizisten milde stimmt. Am Strand kann ich mich nicht so recht für ein Meeresbad entscheiden. Papaya, Avocado, Gurke und Orangen begleiten mich ins Hotelzimmer. 


Red Lion Pub, Monrovia
Red Lion Pub am Abend

First United Methodist Church, Monrovia
First United Methodist Church am Morgen


Krippe in der Sacred Heart Cathedral Frisch und frei in den Atlantikwellen
Sonntag, 5. Januar 2025: Monrovia - Kakata (74 km)

Hoteltechnisch bedingt habe ich mich für eine relativ kurze Etappe entschieden. So bleibt Zeit für den Sonntagsgottesdienst in der Herz-Jesu-Kathedrale. Als ich gestern jemanden dort gefragt habe, wann's losgeht, meinte der neun Uhr oder neun Uhr dreißig. Ich habe große Schwierigkeiten das Liberianische Englisch, das mit archaischen amerikanischen Elementen und ungewöhnlicher Aussprache durchsetzt ist - 'Tank you' zum Beispiel - zu verstehen.
Als ich um kurz nach neun an den offenen Seitenfenstern der Kathedrale entlang laufe, heißt es: '...et divina institutione formati, audemus dicere:'. Und die Gemeinde stimmt in das Latein ein: 'Pater Noster, qui es in caelis...'. Weil die Messe schon weit vorangeschritten ist, werde ich nicht mehr in die Kirche gelassen. Erst nach Ende des Gottesdienstes kann ich an der Krippe beobachten, wie Frauen das Jesuskind in der Krippe berühren. Noch viele Gottesdienste klingen am Wegesrand mir heute entgegen. 
Nachdem ich Monrovia nach genau 1.800 Kilometern erreicht habe, bleiben nun noch rund 1.200 Kilometer bis zum Ziel in Abidjan. Ich wähle zunächst die flache Strecke am Meer entlang, vorbei an 'Capitol Hill'. Bevor ich landeinwärts radle, mache ich einen Abstecher zum Strand. Den Zutritt handle ich von zehn auf fünf Dollar runter. So fühlt sich alles save an. Ich stürze mich frisch und frei in die Atlantikwellen. 


Monrovia-Malerei: Basketballspielerin mit LBA-Logo
Monrovia-Malerei

Brompton am Strand von Congo Town, Monrovia
Am Strand von Congo Town, Monrovia


Vulkanisierungsflüssigkeit trocknet Die riesige Kautschukplantage der Firma Firestone lasse ich rechts liegen. Der Umweg über die Fabrik scheint mir zu weit. Für 99 Jahre bekamen US-Firmen 1926 ein Teil des Staatsgebietes für Gummiplantagen zu einem Spotpreis überlassen. Gleichwohl entstand so zeitweise eine totale wirtschaftliche Abhängigkeit des Landes von den USA.
Der Höhenschlag im Hinterrad ist kaum zu spüren. Aber rund 25 Kilometer vor dem Ziel eiert der Hinterreifen wieder. Platten am neuen Schlauch. Ich flicke das Loch in Rekordzeit zur Freude zahlreicher Zuschauer und mir selbst. Bei der Einfahrt in den Zielort Kakata allerdings der nächste Platten. Ich hatte diesmal die Ursache auch nicht gefunden. 
Mit Aufpumpen komme ich fast bis zum ausgeguckten Kem Guest House. Da ist aber der Chef samt der Schlüsseln über alle Berge, und der Nachtwächter kann, darf oder will mich nicht unterbringen. Kakata hat noch ein paar andere Unterkünfte. Im City View Guest House ganz in der Nähe widme ich dem neuen Platten und stelle fest, dass beide Felgen schleifen. Hinten ist eine weitere Speiche gebrochen. Es sieht jetzt wirklich nicht mehr gut aus für die Weiterfahrt mit dem Brommi. 


Fisch
Fisch


Nagel aus Mantel Kein Strom, kein Wasserkocher
Montag, 6. Januar 2025: Kakata - Totota (59 km)

Schräg gegenüber vom Hotel ist eine Werkstatt an einer Tankstelle. Hier versuche ich zunächst mein Glück. Ich will die Speichen etwas korrigieren. Einen Speichenring gibt es nicht, aber in dem kleinen bescheidenen Werkzeugkasten liegt eine Zange. Damit entferne ich erstmal eine weitere gebrochene Speiche. Nummer neun.
Trotzdem ist die Resignation vom Abend neuer Zuversicht gewichen. Ich kann die Speichen zumindest soweit korrigieren, dass die Bremsen nicht schleifen. Zugegeben, ich habe die Bremsen gestern etwas gelockert.
Also los. Ich habe die mir selbst auferlegte speichenschonende Fahrweise allzu oft nicht beachtet. Das versuche ich nun konsequenter zu tun. Nach 35 Kilometern ist wieder der Hinterreifen platt. Am Rand der Straße baue ich meine kleine Werkstatt auf. Die große Erleichterung kommt bald: wieder steckt ein dicker Haken im Mantel. Da ich glaube, die Ursache gefunden zu haben, tausche ich jetzt die Schläuche.
Zugleich flicke ich den alten neuen Schlauch. Jetzt geht es auf ein Hochplateau. Doch schon auf halber Höhe muss ich schieben, denn wieder ist der Hinterreifen platt. Knapp 50 Kilometer sind gefahren. Ich schiebe ein bisschen, bis ich zu einem Haus komme vor dem Menschen im Schatten sitzen und auch etwas verkauft wird. Ich brauche dringend Kalorien, aber hier werden nur alkoholhaltige Getränke angeboten. Von einigen auch konsumiert. 


Reparatur-Routine
Reparatur-Routine

Panne und Palmen
Panne und Palmen


Palmwein-Abfüllung Jetzt will ich es mal ganz gründlich wissen. Das Hinterrad herauszunehmen ist beim nunmehr dritten Mal zu einer leichten Übung für mich geworden. Das Loch ist leicht zu finden, die Ursache nicht ganz so leicht. Von innen entdecke ich im Mantel eine scharfe Drahtspitze. Erst danach kann ich sie auch von außen sehen und entfernen. Das war wohl die Ursache, die mir seit gestern mehrere Platten bereitet hat. Routiniert aber gleichzeitig voll konzentriert flicke ich auch diesmal den Schlauch. Die Flicken gehen mir langsam aus.
Während ich arbeite, komme ich auf die Idee, mit heißem Wasser und meinem Instantvorrat einen Kaffee oder Tee zu kochen. Das ist nicht so einfach wie gedacht. Es gibt keinen Strom, keinen Wasserkocher. Neben den Reistopf auf den Steinen um das offene Feuer wird für mich eine Schale mit Wasser gestellt. Als ich, auch mit Hilfe von Emanuel, der mit seinen zwanzig Jahren gerade Vater einer Tochter geworden ist, die Arbeiten abgeschlossen habe, kann ich so noch meinen Milchkaffee mischen und trinken. Ich kaufe noch selbst gemachten Palmwein, lasse ein halbes Liter in meine Wasserflasche abfüllen. Das kostet nur rund 25 Eurocent. Wieder ein interessanter Einblick in den liberianischen Kosmos.
Es sind noch fünf, sechs Kilometer bis Totota. Google Maps gibt vermutlich wegen des amerikanischen Erbes alles hier in Meilen und Feet an, obwohl vor Ort alles genauso metrisch markiert ist wie in den Nachbarländern. Das ist besonders nervig, wenn man erschöpft und ausgelaugt ist, wie ich gerade und nicht mehr so gut im Kopf umrechnen kann.
Eigentlich wollte ich heute bis Gbarnga radeln. Ich habe noch nicht einmal die Hälfte geschafft. Ich könnte es noch schaffen. Aber allein die Vorstellung, es könnte ein weiterer Platten kommen, lässt mich sofort anhalten, als ein kleines Hotel am Ortseingang von Totota auftaucht. 


Bei Totota: Sonnenaufgang im Dunst
Bei Totota: Sonnenaufgang im Dunst


Speichen-Fiasko Projekt Umspeichen
Dienstag, 7. Januar 2025: Totota - Suakoko - 18 km Mototaxi - Gbarnga (49 km)

Endlich läuft das Rad. Der Flicken hält. Ich komme gut voran. Allerdings nur knapp 50 Kilometer. Dann eiert das Hinterrad mal wieder. Diesmal sind es die Speichen. Und zwar endgültig.
Ich halte an einer 'Filling Station', also eigentlich eine Tankstelle. Die bestehen hier aber darin, dass kleine Portionen Sprit aus Plastik- oder Glasflaschen verkauft werden. Zwei junge Männer arbeiten hier kurz vor dem Ortseingang von Suakoko, Chef ist der nette und junge Sackie. Die Bilanz am Hinterrad ist niederschmetternd: Sechs weitere Speichen sind gebrochen, insgesamt fehlen nun 15 Speichen und damit ist ein Weiterfahren unmöglich.
Ich befinde mich 18 km vor dem nächst größeren Ort, Gbarnga. Dahin will ich Trampen. Ich stelle mich mit dem Rad an den Straßenrand. Von den wenigen Autos, die vorbeifahren, sind wie immer alle eigentlich überladen, oder es sind hochoffizielle Autos von Regierungs- oder Hilfsorganisationen oder reichen Leuten.
Ein älterer Mann, ein Freund von Sackie, taucht an der Tankstelle auf und meint, er würde für mich einen Transport organisieren. Ich habe schon selbst überlegt, ob ich mit Faltrad auf einem Motorrad fahren könnte. Schon ist ein junger Mann mit seinem Motorrad vor Ort. Der ältere Mann bricht jedes Mal in große Begeisterung aus, wenn ich eine der Achsen am Brompton öffne und das Rad zusammenfalte. Ein großer Spaß für ihn.
Das zusammengeklappte Rad wird hinten auf dem Motorrad festgebunden. Die beiden großen Wasserflaschen packe ich noch in die Tasche und hänge sie über meine Schulter. Schon geht's los. Die Tasche zieht auf Dauer etwas an der Schulter, aber ich kann trotzdem die Fahrt und den Fahrtwind tatsächlich genießen und den Blick am Motorradfahrer vorbei auf die Landschaft. Auch die Ungewissheit über die Fortsetzung der Tour belastet mich weniger als gedacht.
Es gibt ein paar Berge und Hügel. Ich bin seit gestern Nachmittag zum ersten Mal bei dieser Tour auf über 200 Meter Meereshöhe. Problemlos erreichen wir Gbarnga. Da ich eigentlich schon gestern Abend hier ankommen wollte, hatte ich auch schon ein Hotel ausgeguckt: Passion 2. Das ist wirklich okay, vor allem mal vom Preis-Leistungsverhältnis, was in Liberia bisher unüblich war. Ich checke ein. Es ist 11:38 Uhr, was beim Check-In vermerkt wird. Massig Zeit also, dass ich mich noch um das Hinterrad kümmern kann.


Brompton auf Motorrad
Brompton auf Motorrad


Gbarnga: Fahrradwerkstatt open air Aber was tun? Einfach in die Elfenbeinküste reisen und hoffen, dass ich dort passende Speichen bekomme? Ein neues Fahrrad besorgen? Ein neues gebrauchtes Fahrrad? Ein neues, nicht wirklich passendes Hinterrad ins Brompton einbauen? Oder ein neuer, anderer Speichenversuch?
In einem nahe gelegenen, relativ gut sortierten Laden an der Fernstraße gibt es tatsächlich eine Felge zu kaufen. Zwanzig Dollar für zwanzig neue Speichen. Alles was etwas teurer ist, wird gleich in US-Dollar kassiert, nur Kleinbetrage in Liberianischen Dollar. Aber es gibt keine Felge mit Zahnkranz drauf. Ich überlege, ob ich das Hinterrad komplett umspeichen lassen. Das neue Hinterrad ist etwas kleiner, die Speichen sind etwas kürzer.
Glücklicherweise haben ja die Speichen vom Vorderrad hinten gepasst, weil sie vorne den kürzesten Weg zwischen Felge und Achse nehmen, während hinten, wo die Achse durch die Gangschaltung dicker ist, schräg übereinander montiert sind. Wähle ich eine andere Schräge, könnten auch kürzere Speichen passen.
Ein Mototaxifahrar führt mich zu einer Werkstatt, wo Motorräder zum Teil aber wohl auch Fahrräder unter freiem Himmel repariert werden. Motorradwerkstätten sind überall in großer Zahl vorhanden. Es gibt ja auch viel, viel mehr Motorräder als andere Fahrzeuge. Typischerweise bekomme ich gern die Entscheidungen zunächst aus der Hand genommen, ohne dass die Leute wirklich helfen können. Ich lasse sie machen und fange danach von vorne an mit dem eigentlichen Problem. 
Abraham, der Fahrradexperte hier, kommt aus der Elfenbeinküste und spricht lieber Französisch mit mir. Der plötzliche Wechsel ins Französische fällt mir schwer nach zehn Tagen Englisch in Sierra Leone und Liberia. Speiche heißt also Rayon, das erinnert an Sonnenstrahlen: Rayons de soleil.
Es dauert etwas, bis ich meine Idee vermitteln kann, aber dann werden von seinem Assistenten in rotem Hemd alle Speichen sowohl aus der alten als auch aus der neuen Felge ausgebaut. Ground Zero der Tour ist sozusagen erreicht.
Tatsächlich lässt sich mit den kürzeren Speichen aus der neuen Felge das alte Brompton-Hinterrad neu zusammensetzen. Es sieht auch ganz gut aus, wie Rothemd das Rad zunächst montiert. Allerdings hat die neue Felge nur 20 Speichen, ich brauche aber 28 für das alte Rad. Also gehe ich zurück zum Laden und kaufe eine weitere Felge.
Als ich zurück bin, hat Rothemd versucht noch ein paar alte Speichen zu montieren, obwohl ich ihm erklärt habe, dass eine Kombination von kurzen und längeren Speichen nicht funktionieren kann. Also muss er das wieder rückgängig machen. Außerdem lasse ich Schlauch und Mantel von vorne und hinten vertauschen, sodass der schon ziemlich abgefahrene Hinterreifen von nun an vorne ist. Ich bin einen Moment lang unaufmerksam und sehe so nicht, dass er auch die neuen Speichen nicht komplett nach dem gleichen Muster montiert. Jedenfalls eiert das Rad total, nachdem ich mich verabschiedet habe und versuche die paar Meter zu fahren. Eigentlich will ich als Testfahrt zurück zu der Stelle fahren, wo ich an der Tankstelle die Fahrt abbrechen musste. Aber ich höre schon am Ortsrand auf, stelle das Fahrrad im Hotelzimmer ab und brauche einfach eine Nacht Pause.


Ibrahim: Fahrradechaniker aus der Elfenbeinküste in Gbarnga
Ibrahim

Fahrradechaniker in Gbarnga
Rothemd-Mechaniker


Frühstück im Passion Hotel 2 von Gbarnga Neues Umspeichen und Testfahrt
Mittwoch, 8. Januar 2025: Gbarnga - Suakoko - Gbarnga (40 km)

Zur angegebenen Frühstückszeit um halb sieben wecke ich den Barkeeper, der die Nacht auf einer Matratze in der Ecke des Frühstücksraums verbracht hat. Auf dem Fernseher lief unterdessen Rocky III offenbar in Endlosschleife. Zum Frühstück gibt es mal kein Omelette, sondern Spaghetti mit Ei, Ananas und Wassermelone.
Das Hinterrad muss also nochmal umgespeicht werden. Versuche ich es selbst oder setze ich erneut auf meine 'Werkstatt'? Radchef Abraham habe ich per WhatsApp gefragt, wann heute Arbeitsbeginn ist. Keine Reaktion. Ich schiebe das Rad trotzdem hin. Niemand von meinen Fahrradexperten da.
Ich leihe mir nebenan eine Zange aus, doch bald kommt Rothemd. Abraham wird angerufen, soll um zehn Uhr auftauchen. Aber Rothemd hat den sehr hilfreichen Speichenring. Als ihm Abraham gestern von meinen zwanzig Dollar nur fünf Dollar (und die verbliebenden Felgen und Speichen) gegeben hat, fand ich das ungerecht. Zum Glück hatte ich Gelegenheit ihm demonstrativ weitere fünf Dollar zu geben, was ihn sichtlich erfreut hat. So strahlt er auch am Morgen, als er als erster auftaucht, während ich gerade das Hinterrad wieder komplett ausgebaut habe. 
Er akzeptiert meine Idee des erneuten Umspeichens. Bis auf ein Paar setzt er es konsequent um. Dann auch beim letzten Paar. Allerdings bleibt der Höhenschlag unverändert. Rothemd meint, es liege daran, dass die Felge an einer Stelle gebrochen sei. (Lag es übrigens nicht: zu Hause haben sie die Felge in der Fahrradwerkstatt mit neuen Speichen wieder hinbekommen.) Trotzdem ist insgesamt jetzt mehr Stabilität im Rad.


Falsch eingespeicht
Falsch eingespeicht

Spion bei Fahrradwerkstatt
Spion bei Fahrradwerkstatt

Gbarnga: Open Air Fahrradwerkstatt
Neuer Versuch


Tankestelle bei Suakoko Die will ich testen. Ohne Gepäck radle ich die knapp zwanzig Kilometer zu der Stelle zurück, an der ich gestern die Radfahrt abbrechen musste. Das Rad hoppelt wie ein Pferd beim Traben. Als ich die Filling Station erreiche, begrüßt mich Sackie wie einen alten Bekannten, als hätten wir abgemacht, dass ich nochmal vorbei komme: 'Hi Chris!'
Zwischenbilanz der Speichen: sie sitzen ein bisschen locker, aber keine ist gebrochen. Also radle ich zurück nach Gbarnga und dort direkt zur Werkstatt. Wieder ist keiner meiner Gewährsleute da. Wieder leihe ich eine Zange aus. Diesmal taucht Abraham auf. Er muss erst eine Zange von zu Hause holen, besteht aber darauf den Höhenschlag rauszubringen, was ich für unmöglich halte. Entsprechend weiger ich mich, auch das Hinterrad wieder komplett auszubauen. Ich bin auch viel zu groggy dazu.
Abraham verbessert auch so den Höhenschlag tatsächlich ein bisschen und zieht alles stärker an. Die Korrekturen gehen diesmal aufs Haus: 'Tu es mon ami.' Inzwischen ist auch Rothemd aufgetaucht. Und schiedlich friedlich verabschieden wir uns. Morgen steht also ein weiterer Tag der Wahrheit an.


Suakoko: Happy New Year 2025
Suakoko: Happy New Year 2025

Gbarnga: Passion Hotel 2 - Zimmer
Gbarnga: Passion Hotel 2 - Zimmer

Gbarnga: Passion Hotel 2 - Fassade
Fassade

Gbarnga: Passion Hotel 2 - Bad
Bad


Speichen komplett Es läuft trotz Höhenschlag
Donnerstag, 9. Januar 2025: Gbarnga - Gampo/Ganta - Sanniquellie (103 km)

Am Abend ging es mit mir selbst bergab. Ich fühle mich krank, überhitzt. Ich fange an mit Wasser meinen Kopf zu kühlen. Die Nacht durch fühle ich mich immer kränker, nehme Aspirin. Als ich morgens wach werde, bin ich unerwartet fit.
Heute gibt's ein anderes Frühstück im Passion Hotel 2 von Gbarnga, nämlich doch Omelette. Allerdings mit Thunfisch und Bananen und so. Die Zimmer sind basic, Wasser kommt immerhin aus der Dusche und trotzdem gehört es zu den besseren Liberia-Erfahrungen. 
Bei der Ausfahrt aus Gbarnga entdecke ich doch noch einen Laden mit ein paar Kinderräder, von denen man das Hinterrad vielleicht hätte nutzen können. Jetzt muss ich es mit dem Höhenschlag versuchen. Jedes Mal wenn ich losfahre, spüre ich das Schlenkern und Schlackern des Hinterrads besonders. Es fühlt sich immer nach Platten an. Jedes Mal muss ich mich neu dran gewöhnen. Und der Popo wird natürlich zusätzlich strapaziert. 


Eisenbahn
Güterzug


Liberia: Gas, Fuel, USD Aber es läuft gut. Der Himmel ist zunächst lange bedeckt. Schon vor zwölf bin ich in Ganta, das vor Ort Gompa heißt. Es konkurriert mit Gbarnga um den Titel der zweitgrößten Stadt von Liberia, scheint aber wirtschaftlich mehr Potential zu haben. 
Ich bin langsamer unterwegs. Ab 20 Stundenkilometern versuche ich aus dem Sattel zu gehen, ab 25 km/h bremse ich. Disziplin ist angesagt. 'Tyre flat' heißt es schon mal im düsteren Sound des Liberianischen Amerikanisch von den Motorrädern her, aber das ist zum Glück eine Täuschung. 'Tank you' antworte ich gleichwohl im hiesigen Slang.
Wäre die innere Anspannung nicht und die Konzentration auf den speichenschonenden Fahrstil, wäre es eine ganz normale Etappe mit mehr als hundert Kilometern. Nur noch 50 Kilometer sind es am Ende noch zur Grenze der Elfenbeinküste. 


Sanniquellie: Public Market
Sanniquellie: Public Market


Grenze Liberia/Elfenbeinküste Zurück in der Warenwelt und unter Weißen
Freitag, 10. Januar 2025: Sanniquellie - Grenze Liberia/Elfenbeinküste - Danané (79 km)

Eigentlich ist die Straße bis zur Grenze durchgehend asphaltiert. So habe ich es gelesen. Aber an der Abzweigung schon kurz hinter Sanniquellie gibt es eine längere Strecke Piste. Im weiteren Verlauf kommen etwa alle fünf Kilometer Lücken im Asphalt, weil immer rund um kleinen Brücken die Straße noch nicht fertiggestellt ist. Alles in allem kann ich gut fahren bis zur Grenze.
Ein paar Kilometer vor der Grenze kommt ein Checkpoint, an dem ich an den Rand gerufen werde. Ich soll meinen Pass zeigen und zwei Männer beschäftigen sich eine ganze Weile damit, ohne ihn zu registrieren oder ähnliches. Irgendwann sage ich: Gentleman, ich muss weiter. Prompt bekomme ich meinen Pass zurück und kann weiter radeln. 
Ein paar Meter vor der Grenze endet dann der Asphalt für die nächsten knapp 30 Kilometer. Die Abfertigung auf beiden Seiten der Grenze ist schnell. In der Elfenbeinküste bekomme ich erst meinen Einreisestempel, danach muss ich erstmals meinen gelben Impfausweis samt Gelbfieberzertifikat zücken für den Amtsarzt. Alles okay.  Es ist mit Abstand das aufwendigste Visum der Tour gewesen. Ich musste kurzfristig Anfang Januar zur Botschaft der Elfenbeinküste in Berlin reisen, um vor Ort eigenhändig das Visum zu beantragen. Anschließend musste ich noch eine Agentur beauftragen, es abzuholen und mir zuzuschicken. Alternativlos.


Gefährdete Passagiere
Gefährdete Passagiere

Visum: Elfenbeinküste
Teures Visum: Elfenbeinküste

Gefährdete Passagiere
Gefährdete Passagiere


WaldHinter der Grenze ist ein riesiger Markt, offenbar für die Bedürfnisse der Menschen aus Liberia. Danach muss ich häufig schieben auf der Piste. Der Vorteil der Piste: der Höhenschlag an meinem Fahrrad ist kaum spürbar. Trotzdem muss ich natürlich besonders vorsichtig sein angesichts der vielen Unebenheiten. 
Wie so oft bei dieser Tour, ist es in der Mittagszeit fast unmerklich sehr heiß geworden. Völlig dehydriert erreiche ich am frühen Nachmittag Danané. Eine Boulangerie-Patisserie bietet Leckereien, von denen ich in Liberia nur träumen konnte. Das Geschäfts- und Warenangebot in der Elfenbeinküste ist für mich überwältigend. 
Ich steuer ein Hotel an, das von Usern bei iOverlander.com empfohlen wird. Seit langer Zeit treffe ich mal wieder Weiße. Silke, Beate, Ralf und Eugen sind mit Geländewagen unterwegs. Wir verbringen einen schönen und interessanten Abend in einem Restaurant, wo ich gegenüber nicht nur Bier sondern auch das afrikanische Wurzel- und Trendgetränk Racines dazukaufen kann, das uns im letzten Jahr rund um Togo begeistert hat.
Zurück im Hotel ist noch ein niederländisches Radlpaar aufgetaucht. Anna und Julian sind seit Anfang Dezember etwa die gleiche Strecke wie ich geradelt. Machen aber auch Wanderungen und zelten. Ein toller Austausch am späten Abend in meinem Zimmer.


Elfenbeinküste: Piste
Elfenbeinküste: Piste

Belfort und Racines
Belfort und Racines


Kurz vor Man Verkehr und Kakaobohnen
Samstag, 11. Januar 2025: Danané - Man - Duékoué (152 km)

Der Preis für den großen wirtschaftlichen Unterschied zwischen Liberia und Elfenbeinküste ist der Verkehr. Ich muss mich wieder an regelmäßigen Verkehr gewöhnen. Waren es in Sierra Leone und in Liberia regelmäßig Motorräder und ab und zu andere Fahrzeuge, so habe ich jetzt wieder regelmäßigen Verkehr mit Autos und Lastwagen an meiner Seite. Ich muss viel konsequenter rechts am Straßenrand fahren und wieder anfangen aufzupassen. Mancher fährt recht nah an mir vorbei.
Der Seitenstreifen hat den gleichen guten Asphalt, liegt aber etwas tiefer. Im Laufe des Tages radle ich sicherheitshalber immer häufiger dort, obwohl auch da viele unterwegs sind. Apropos radeln: es gibt plötzlich sehr viele Radler, und auch Radlerinnen. Entsprechend gibt es auch häufiger Fahrradwerkstätten. Ganz am Ende leihe ich mir in einer eine Zange und ziehe eine Speiche am Vorderrad nach. 
Kinder scheint es plötzlich viel weniger zu geben. Und die die es gibt, rufen seltener: Weißer! Sie nutzen ein Wort, das ich noch nicht kenne. In den nächsten Tagen bin ich auch oft 'le blanc'.


Logoualé, Elfenbeinküste
In Logoualé

Nationalpark Mont Péko
Nationalpark Mont Péko


Bananen-RadlerAuf der A8 fahre ich genau 70 Kilometer nach Osten. Am Ortsrand von Man trifft die A8 auf die A7, der ich für den Rest des Tages nach Süden folge. Gerade rechtzeitig, denn kurz vor Man hat ein kräftiger Gegenwind eingesetzt. An der Kreuzung mache ich kurz vor zwölf eine Pause.
Es ist der heißeste Moment des Tages. Denn am Nachmittag wird die Sonne durch Dunst verdeckt. Dafür wird die Landschaft spektakulärer: Felsformationen erheben sich vereinzelt, vor allem rund um Duékoué, meinen heutigen Zielort.
Viele Hotels gibt es hier, doch dasjenige, das ich nach Google Maps ansteuer, liegt wohl in Wirklichkeit sechs Kilometer südlich der Stadt. Dafür bin ich nach 150 Kilometern nicht mehr fit genug. So weit bin ich noch nie mit dem Brommi an einem Tag geradelt.
Beim Abendspaziergang gesellt sich Mohamed aus Guinea an meine Seite. Er zeigt mir die Kakaoverladung in Säcken auf einen großen Laster. Auch runtergefallene Bohnen werden eingesammelt. 


Kakaobohnen-Laster
Kakaobohnen-Laster

Duékoué: Sonnenaufgang
Sonnenaufgang bei Duékoué

Frühmesse in der Kirche Sainte Thérèse de l'Enfant Jésus von Duékoué
Frühmesse in der Kirche Sainte Thérèse de l'Enfant Jésus von Duékoué


Fleuve Sassandra Aircon nach dem Fiasko in der Patisserie
Sonntag, 12. Januar 2025: Duékoué - Daloa (105 km)

Rings um mein Hotel Holperwege und brennender Müll. Die aufgehende Sonne wird verdunstet vom Rauch. Nicht nur romantisch. Ich lese noch ein paar Kakaobohnen auf von gestern Abend.
Kurz bevor ich durch die Stadt zur Hauptstraße komme, steuer ich am riesigen Gelände der katholischen Kirche vorbei. Kurz nach halb acht stehen schon viele außerhalb des Gebäudes und verfolgen den Gottesdienst von draußen. Nach der Predigt über die Taufe Jesu und 'la miséricorde' setzt eine längere Serie von Sondersegnungen ein. Ich radle weiter. 
Heute geht's immer nach Osten. Gegen elf kommt wie gestern wieder Ostwind auf. Ansonsten geht es gut voran. Ich möchte nach der Megaetappe von gestern in zwei Tagen nach Yamoussoukro kommen.


Transportalternativen
Transportalternativen


Baumwipfel Die Orte bieten wesentlich mehr als in Liberia - auch zum Pausieren. Am Vormittag halte ich für einen frischen Tee an einer Kaffeebar. Mittags gibt es ein richtiges Mittagessen. Reis mit frischem Thunfisch. Dazu Orangina. Mir gefällt's so gut, dass ich fast zwei Stunden Mittagshitze im Schatten aussitze. 
So ist es schon vier Uhr, als ich nach gut hundert Kilometern in der Großstadt Daloa ankomme. Hier habe ich mich schon gefreut auf eine Boulangerie-Patisserie-Glacier. Doch die Bestellung wird zum Fiasko. Das System hier: man muss erst zahlen und dann mit dem Bon an die einzelnen Theken gehen. Es kommt an seine Grenzen, wenn man sich wie ich nicht richtig verständigen kann. Vor allem, wenn das der Kassiererin und allen anderen egal ist und ich zu erschöpft bin. Also: ich muss aus der Hitze raus, von der Straße weg und das nächstbeste Hotel ist leider kein gutes. Aber das Zimmer hat eine kühlende Aircon. 


Termitenhügel
Termitenhügel


Palmöl Bockbier trotz Bleigefühlen
Montag, 13. Januar 2025: Daloa - Bouaflé (83 km)

In dem großen, dreckigen, weitgehend leeren Hotel bekomme ich immerhin heißes Wasser für eine selbst gebraute Tasse Kaffee. Kein Kaltstart also. 
Im Grunde würde ich heute gern bis Yamoussoukro radeln, aber der sudden death meiner Konstitution gestern Nachmittag ist mir noch sehr präsent. Meine Beine hängen eigenartiger Weise wie Blei an meinem Körper, sobald es bergauf geht. Es fühlt sich an wie Höhenkrankheit, obwohl ich selbst an den höchsten Stellen der Tour in den vergangenen Tagen kaum über 500 Meter hinausgekommen bin. Schon die ganze Strecke über kommen auf hundert Kilometer in der Regel rund tausend Höhenmeter. Daran hat sich nichts geändert.


Imbiss in Bonon
Imbiss in Bonon

Savanne
Savanne


Bouaflé: Kunstwerke Die Durchschnittsgeschwindigkeit ist mit zwanzig Stundenkilometern wieder erstaunlich hoch. Ich nehme weniger Rücksicht auf die Speichen. Bisher ist alles gut gegangen und mental fühle ich mich schon am Ziel. 
Das heutige Ziel wird dann mal wieder kurzfristig neu bestimmt. In Bouaflé sitze ich in einem schönen BarResto, will nur eine Pause machen. Ich spüre plötzlich die Hitze und die Erschöpfung. Hier gibt's einige Hotels und ruckzuck habe ich zur Mittagszeit eingecheckt. Kann später noch einen Spaziergang zu Moschee und Markt machen. Und abends einen Liter 'Bock'-Bier zum Videochat trinken. Vielleicht nicht so gut, wenn auch die Verdauung nicht mehr perfekt funktioniert.


Weihnachtsbeleuchtung in Bouaflé
Weihnachtsbeleuchtung in Bouaflé


Ananas in Brompton-Tasche Petersdom 2.0
Dienstag, 14. Januar 2025: Bouaflé - Yamoussoukro (62 km)

Ausnahmsweise taucht in diesem Hotel morgens kein heißes Wasser für einen selbst gemachten Kaffee auf. Was für ein kleines großes Glück so ein Nescafé geworden ist. Aber heute habe ich von vornherein eine kurze Etappe geplant. Es geht nach Yamoussoukro, um dort Zeit für die Basilika und andere Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt zu haben. 
Bei Anstiegen wirken meine Beine auch heute gelähmt, obwohl ich mit rund 21 Stundenkilometern eine mehr als passable Geschwindigkeit hinlege. 
So erreiche ich schon vor elf Uhr die Basilique de la Paix. Wie eine Fata Morgana erhebt sie sich aus der Savanne und taucht aus allen möglichen Blickwinkeln in der Stadt immer wieder auf. 
Von der Hauptstraße her und rundherum ist das Gelände eingezäunt. Zwei junge Frauen aus der Hauptstadt von Burkina Faso, Ouagadougou, tauchen auf. Ich bitte sie, Aufnahmen von mir zu machen. Schon ein bisschen bewegend so ein römischer Blick mitten in Afrika. Gut 42 Jahre nach meiner ersten großen Tour nach Rom. Was für ein Marathon. 


Marktstand am Straßenrand
Marktstand am Straßenrand

Mit Stachelannone alias Graviola oder Corossol
Mit Stachelannone alias Graviola oder Corossol

Yamoussoukro: Fata Morgana Petersdom
Yamoussoukro: Fata Morgana Petersdom


Yamoussoukro: Pool im Hotel Seven Rivoli Ich will erstmal eine Unterkunft in der weitläufigen Stadt suchen und dann zur Mittagsmesse wieder in der Basilika sein. Doch Punkt elf setzt sich meist die Hitze durch und von einem auf den anderen Moment fühle ich mich erschöpft. Ich schleppe mich durch ein paar Hotels, doch es muss heute was Ordentlicheres sein. Mit letzter Kraft schleppe ich mich zur Rezeption von Seven Rivoli und lasse mir hier das beste Zimmer aufquatschen: eine Suite mit Balkon samt Basilikablick. Alle weiteren Pläne sind erstmal zunichte. Ich bin feddich. Siesta. 
Wen sehe ich, als ich am späteren Nachmittag zur Basilique aufbreche? Julian döst am Pool. Ich will ihn nicht wecken. Die Räder des holländischen Paars, das ich in Danané getroffen habe, stehen unter der Treppe. 
Zur Basilique kommt man durch ein Besucherzentrum. Pallotiner-Patern ist die Betreuung des Petersdoms 2.0 anvertraut. Es sind vielleicht zwanzig Besucher auf dem riesigen Gelände, 20.000 Menschen haben Platz in der Kirche. Félix Houphouët-Boigny (1905-1993), Gründungspräsident der Elfenbeinküste, stammte aus Yamoussoukro und ließ die Riesenkirche bauen und seine Heimatstadt zur Großstadt machen. Alles sehr umstritten. Am Ende kam Johannes Paul II. doch zur Einweihung. 
Hier und da bröckelt die Basilika, der Aufzug nach oben funktioniert nicht, aber der rundum schön verglaste Kirchraum hat eine angenehme Atmosphäre. Fotografieren darf man das Innere nur von außen, aber es gibt kaum jemanden der das kontrollieren könnte. 
Zurück in der Stadt schwimmen auch noch ein paar hungrige Krokodile im 'Lac'. Einen richtigen Auchan-Hypermarché besuche ich und kaufe mal ordentlichen Käse. Ich schwimme im Pool, trinke Racines. Nur Anna und Julian treffe ich trotz stetiger Nachfragen an der Rezeption nicht. 
Gegen 22 Uhr klopft es dann doch noch an der Zimmertür. Die Dame an der Rezeption hat tatsächlich Anna und Julian hier raufdirigiert. Das ist großartig. Es ist wieder so nett mit den beiden. Wir haben uns wieder viel zu erzählen. Ich sitze in meinem Pyjama und die Zeit verfliegt. Sie waren nur einen halben Tag in den Bergen hiken und haben auch einen 150-Kilometer-Tag eingelegt. So sind sie jetzt schon hier, fahren aber morgen mit dem Bus nach Abidjan, um noch vor dem Wochenende ihr Ghana-Visum klar zu machen. 


Yamoussoukro: Basilika Notre Dame de la Paix
Basilika Notre Dame de la Paix

Yamoussoukro: Basilika Notre Dame de la Paix
Magic Moments

Yamoussoukro: Basilika Notre Dame de la Paix
Innenraum

Julian
Julian

Yamoussoukro: Basilika Notre Dame de la Paix
Sonnenuntergang hinter der Basilika


Hotel Président Das Liberia-Feeling ist zurück
Mittwoch, 15. Januar 2025: Yamoussoukro - Pacobo (95 km)

Ich habe verschiedene Optionen am Morgen: Halb sieben Gottesdienst in der nahegelegenen Kathedrale, sieben Uhr Gottesdienst in der riesigen Basilika, acht Uhr Frühstück im Hotel. Als ich mir die Météo anschauen, verwerfe ich alle Optionen: 36 Grad sollen es heute werden. Nix wie weg. 
Über die weitgehend leeren, breiten Straßen der 'Hauptstadt', in der es aber keine Botschaften oder ähnliches gibt, denn Abidjan ist die wahre Hauptstadt, fahre ich südwärts. Nach ein paar Kilometern komme ich an einem weiteren Repräsentationsbau des Gründungspräsidenten vorbei, dem Hotel Président mit großem Dachaufbau. 
Jenseits des Golfplatzes findet sich das dritte Prestigeobjekt, seine Stiftung zur Friedensforschung. Dieser Bau lohnt den Umweg allerdings nicht so wirklich. 


Nebenstrecke: die alte Landstraße A3
Nebenstrecke: die alte Landstraße A3


Papayas Die mehrspurige Ausfallstraße Richtung Abidjan wird zwanzig Kilometer vom Stadtzentrum entfernt offiziell zur Autobahn. Ich wechsle auf die A3, die alte parallele Landstraße. Sie ist lange nicht mehr asphaltiert worden und dennoch gut zu beradeln. Vor allem ist sie so gut wie verkehrsfrei. Und auch markierungsfrei. Das Liberia-Feeling ist zurück. Nicht mal Motorräder tauchen hier auf. 
Die Lahmheit in meinen Knochen ist dahin, auch wenn ich nicht völlig fit bin. Es bleibt lange bewölkt und wird somit anfangs nicht sehr heiß. Die Gegend ist nicht sehr besiedelt und angesichts des wenigen Verkehrs gibt es auch wenig zu kaufen. Für eine World Cola reicht es allemal. 
Das Hotel Bofatah in Pacobo (Pakobo) hat auf Google Maps ein paar ordentliche Fotos und schien weit und breit die beste oder einzige Option. Auch vor Ort ist es ganz ok und wieder checke ich schon zur Mittagszeit ein. Draußen sind es 33 Grad, die AC wird auf 16 Grad eingestellt. Ich kann sie fürs Erste nicht selber regulieren.
Der kleine Ort hat einen lebhaften Markt und auch hier ist der Spaziergang durch die Hintergassen sehr interessant.  Verdauungsprobleme werden stärker. Mit Malzbier und Vanillejoghurt päppel ich mich auf. Immer wieder rege ich mich darüber auf, dass alles und jedes, was verkauft wird, in eine kleine Plastiktüte gepackt wird. In der Summe ist das nichts gegen das, was sich jede Woche an Verpackungsmaterial im Gelben Sack bei uns zu Hause findet.


Kleidermarkt in Pacobo
Kleidermarkt in Pacobo

Mal wieder: Dunstiger Sonnenaufgang
Mal wieder: Dunstiger Sonnenaufgang


Autoroute du Nord: Abidjan - Yamoussoukro Radeln auf der Autobahn
Donnerstag, 16. Januar 2025: Pacobo - N'Douci - Sikensi (78 km)

Ab fünf Uhr, direkt nach dem Morgengebet, könnte ich angeblich schon einen Kaffee in meinem Stammlokal bekommen. Bin dann aber doch froh über das heiße Wasser im Zimmer. 
Pacobo ist am Morgen viel ruhiger als gestern. Der Weg bleibt sehr fein auf der alten A3. Irgendwann führt sie über die Autobahn. Dann auf die Autobahn, weil die Trassen identisch sind. Vor der Péage-Station werde ich mit großer Verve von der Fahrbahn gewunken. Ich könnte direkt danach wieder auf die Autobahn, aber viel besser ist die A3, die jetzt deutlich weiter abseits der Autobahn verläuft. 


Fahrrad-Meister
Fahrrad-Meister


Markt in N'Zianouan In N'Douci (Ndouci) habe ich das halbe Tagessoll hinter mir. Von hier an ist die A3 besser asphaltiert, hat aber trotzdem kaum mehr Verkehr. Die Autoroute du Nord liegt weiter östlich. 
Auch heute werden es 36 Grad. Bevor es so weit ist, erreiche ich den größeren Ort Sikensi mit zahlreichen Hotels. Das beste Hotel, Santa Monica, liegt zwar etwas abseits, hat aber genau das Niveau, das ich mir von den Fotos auf Google Maps erhofft habe. Nur der Pool ist leider nicht zum Schwimmen frei gegeben.
Hausmittel helfen nicht mehr richtig bei meiner Verdauung. Ich sollte mal nach Medikamenten fragen. Nichts war häufiger die ganze Tour über zu sehen als Apotheken.


Brücke über den Nzi
Brücke über den Nzi

Videochat
Im Videochat


Gummibaum Umwerfende Wellen
Freitag, 17. Januar 2025: Sikensi - Dabou - Sassako-Bégniny (81 km)

Bonne arrivée heißt es heute mal wieder, wie so oft in der Côte d'Ivoire. Oder Akwaba (Willkommen) in der Sprache der Akan-Völker Westafrikas. An der Küste gab es über Nacht etwas westlich Regen mit Gewittern. Deshalb ist es heute zwar schwüler, wird aber nicht so heiß. Nicht schlecht für meinen Gesundheitszustand, der mich immer mehr eine Radikaldiät einhalten lässt.
Bis Dabou bleibt die Qualität der Strecke wie gewohnt nicht übermäßig grandios. Die Landschaft verändert sich. Zum ersten Mal komme ich an großen Plantagen vorbei. Gummibäume für die Kautschukproduktion und vor allem Palmen für Palmöl. Die Firma Palmafrique, die laut Homepage 'owns and manages 7500 hectares of industrial plantations', plakatiert am Straßenrand auch gegen sexuelle Belästigung. 
In Dabou kaufe ich schon mal vorsorglich eine Kleberolle und zwei große Taschen für die Flugzeug-Verpackung des Fahrrads. 


Palmöl-Plantage


Sassako-Bégniny: Strand Die Küstenstraße ist zu uns gestoßen und damit deutlich mehr Verkehr, aber auch besserer Asphalt. Schon bald, rund zwanzig Kilometer vor Abidjan, fahre ich ab Richtung Küste. Eine Brücke führt mich über die Lagune mit ihren vielen Inseln. 
Sassako-Bégniny (Sassako-Bégnini) liegt günstig. Mehrere Hotelanlagen liegen hier direkt am Meer. Eine will ihre Zimmer teurer als bei booking.com verkaufen, dazu soll ich noch warten bis ein Zimmer fertig ist. Ich geh einfach zum Nachbarhotel und checke dort ein. Von hier wie dort lässt sich ein schöner Strandspaziergang machen. Die Wellen sind umwerfend. Der Kreis schließt sich zu unserer Tour vor einem Jahr. 


Sassako-Bégniny: Strand
Sassako-Bégniny: Strand

Sassako-Bégniny: Strand
Chris on the Beach

Sassako-Bégniny: Strand
Sonnenuntergang


Sassako-Bégniny: Sanctuaire Marial de Jacqueville Klebrige Racines-Pfützen
Samstag, 18. Januar 2025: Sassako-Bégniny - Abidjan (65 km)

Die letzte Etappe. Auch heute wird es nicht ganz so heiß. Deshalb möchte ich den Morgen noch am Meer verbringen und mittags dann Richtung Flughafen starten.
Bei einem Morgenspaziergang entdecke ich jenseits der katholischen Kirche, die ich gestern Abend schon gesehen habe, eine Art Wallfahrtsort. An dem 'Sanctuaire Marial de Jacqueville' findet an diesem Wochenende ein Jugendtreffen der Kirchenprovinz Abidjan statt. Ich komme genau pünktlich zum Beginn des Gottesdienstes. Und erlebe wieder viel Freude, Musik, Tanz, Begeisterung.
Meine Wunschstrecke liegt am Meer entlang. Ich habe mich erkundigt: Um am Ende über den Kanal zum Flughafen zu kommen, gibt es Fähren, sogenannte Pinasse. Auch wenn auf Google nicht allzu viel Positives über deren Zuverlässigkeit geschrieben wird, finde ich es einen schönen Abschluss. Deshalb biege ich ab zur Küste. Ich drehe aber nach rund einem Kilometer wieder um, denn dort endet der Asphalt. Ich möchte nicht am letzten Tag 25 Kilometer Piste riskieren. 
Also bin ich bald wieder auf der großen Nationalstraße parallel zur Küste von gestern. Die wird an der Abzweigung mehrspurig und von Straßenlaternen begleitet. Es ist ein bisschen hügelig aber mit dem Rückenwind geht es einigermaßen flott durch die schon jetzt etwas städtische Umgebung. Ich kann auch ein paar Besorgungen machen. Nur für die wichtigste Erledigung, den Versuch die abgebrochene Schraube aus dem Rahmen rauszubekommen, fehlen Zeit, Muße und Gelegenheit. 
Bald bin ich auf der Strecke, auf der ich mit Miri vor einem Jahr den ersten Tag unserer Tour durch Abidjan gefahren bin. Jetzt gehen die Touren nahtlos ineinander über. Ein schönes Gefühl, durchgehend vom Nordkap bis fast nach Lagos geradelt zu sein. Dennoch bleiben bis Kapstadt noch viele tausend Kilometer.


Wald
Wald

Abidjan: Skyline Plateau
Abidjan: Skyline Plateau


Abidjan: Hochstraßen Als die Sonne wie stets schon einige Zeit vor dem offiziellen Sonnenuntergang im Dunst verschwindet, erreiche ich den Flughafen. Bald stellt sich heraus, dass mein Flug mit Tunis Air über Bamako an Terminal 2 abgefertigt wird. Das ist der kleine alte Terminal. Ich muss noch einmal einen guten Kilometer radeln. 
An beiden Terminals scheinen Radler nicht sehr häufig aufzutauchen, denn mehrfach werde ich aufgefordert, mein Rad außerhalb der Gebäude zu lassen. Ich bin genervt, müde, geschwächt. Das Verpacken von Rad und Gepäck zieht sich hin. Ich entdecke Flüssigkeit. Eine der vier Dosen Racines ist fast komplett ausgelaufen. Eine weitere ziehe ich vorsorglich aus dem Verkehr, weil sich ihr Boden gewölbt hat. Ich trinke sie auf nüchternen, mehr oder weniger dehydrierten Körper. Nicht die allerbeste Idee. Der Putzdienst rückt an, die klebrige Racines-Pfütze wegzuwischen. 
Beim Check-In werde ich zurückgeschickt. Meine Taschen-Tesa-Konstruktion wird als nicht tauglich für Langstreckenflüge bewertet. Gerade als der Herr am Check-In-Schalter das Thema Reifendruck thematisiert, rollt mein Rad-Paket zurück vom Rollband und hat dort eine weitere Racines-Pfütze produziert. Ziemlich peinlich.
Ich ziehe die Taschen wieder auseinander, entferne alle Racinesdosen - ohne etwas zu trinken! - und lasse das Ganze dann für fünf Euro in endlose Plastikfolie wickeln. Da hat der Abflug schon eine Stunde Verspätung. 


Aéroport Abidjan: Packversuche
Aéroport Abidjan: Packversuche

Wrapped Brompton
Wrapped Brompton


Tunis: Aéroport Carthage Malipassagiere aus Saharazelten
Sonntag, 19. Januar 2025: Flug Abidjan - Bamako - Tunis - Frankfurt 

Kurz vor Mitternacht heben wir dann ab. Mein Umstieg in Tunis ist damit gefährdet. Besonders urig ist die Zusammensetzung der Passagiere, da der größte Teil in Mali aussteigt. Einige wirken so, als wären sie direkt von einem Zelt in der Sahara ins Flugzeug gestiegen.
Schräg gegenüber vermisst jemand nach dem Ausstieg der Malier*innen ein Handgepäckstück. Sehr ärgerlich. Vor allem, weil man denkt, das ließe sich einfach klären, wenn er kurz raus in die Ankunftshalle könnte. Das ist ungefähr so unmöglich wie ich gern eine Runde Fahrrad auf dem Rollfeld fahren würde um auf diese Weise Mali abzuhaken. Und schon kommen die neuen Malipassagiere. 
Gegen drei Uhr gibt es was zu Essen. Ich bin vor allem durstig, nachdem ich sowohl auf der letzten Etappe als auch bei der Verpackungsorgie reichlich geschwitzt habe. 
Der Flughafen von Tunis ist nach dem in der Nähe gelegenen Carthago benannt. Er wirkt bei der Landung ein bisschen groß für einen schnellen Umstieg. Die Stunde Verspätung hat sich erhalten. Mir bleibt nur eine halbe Stunde für den Umstieg.
Beim Transferdesk nehme ich die Express-Lane. Eigentlich hält der Desk nur auf. Die erneute Handgepäckkontrolle ist nur symbolischer Natur. Und dann ist das Frankfurt-Gate direkt um die Ecke und nicht wie angekündigt, an einem andern Terminal.
Schon komisch unter so vielen Weißen zu sein. Den allergrößten Teil meiner Urlaubstage habe ich überhaupt keinen Weißen gesehen. Da man sich selbst kaum sieht, scheint die Welt schwarz. 
In Frankfurt erwartet mich Miri. Und damit ist die Welt sehr schön.


Chris zurück in Frankfurt
Zurück in Frankfurt


Teil 1: Dezember 2024
Kapverden, Senegal, Gambia, Guinea-Bissau, Guinea, Sierra Leone


Route Kapverden; Dakar - Abidjan



Blaue Linie = Touren-Route; Buchstaben = Start und Ziel der Etappen

Etappen Kapverden; Dakar - Abidjan (13.12.2024-18.1.2025)

Details mit Geschwindigkeiten, Höhenmetern etc. als Excel-Tabelle Excel-Logo

                     
Tag Datum Start Zwischenstationen Ziel km
1. 13.12.2024 Espargos Salinas de Pedra de Lume - Espargos - Buracona - Blue Eye Cave Espargos 39
2. 14.12.2024 Diass Bargny - Sendou Toubab Dialao 37
3. 15.12.2024 Toubab Dialao
4. 16.12.2024 Toubab Dialao M'bour Fatick 104
5. 17.12.2024 Fatick Foundiougne Toubacouta 95
6. 18.12.2024 Toubacouta
7. 19.12.2024 Toubacouta Grenze Senegal/The Gambia - Barra - Fähre - Banjul - Jambanjelly Sanyang 88
8. 20.12.2024 Sanyang Brikama - Grenze The Gambia / Senegal Ziguinchor 138
9. 21.12.2024 Ziguinchor Grenze Senegal / Guinea-Bissau - São Domingos - Ignoré Bula 114
10. 22.12.2024 Bula Bissau 40
11. 23.12.2024 Bissau Fähre - Enxude - Nova Sintra Canjabel 28
12. 24.12.2024 Canjabel Fulacunda Buba 54
13. 25.12.2024 Buba Grenze Guinea-Bissau/Guinea - Kandiafara - Fähre Rio Kogon Boké 140
14. 26.12.2024 Boké Boffa 117
15. 27.12.2024 Boffa Conakry 108
16. 28.12.2024 Conakry Conyah - Pamélap - Grenze Guinea/Sierra Leone Kambia 105
17. 29.12.2024 Kambia Port Loko 55
18. 30.12.2024 Port Loko Lunsar - Fähre Rokel River Yonibana 98
19. 31.12.2024 Yonibana Bo (S.L.) 106
20. 1.1.2025 Bo (S.L.) Potoru Kambam 90
21. 2.1.2025 Kambam Potoru - Grenze Sierra Leone/Liberia Bo (Lib.) 95
22. 3.1.2025 Bo (Lib.) Monrovia 131
23.4.1.2025Monrovia
24. 5.1.2025 Monrovia Kakata 74
25. 6.1.2025 Kakata Totota 59
26. 7.1.2025 Totota Suakoko - 18 km Mototaxi Gbarnga 49
27. 8.1.2025 Gbarnga Suakoko Gbarnga 40
28. 9.1.2025 Gbarnga Gampo/Ganta Sanniquellie 103
29. 10.1.2025 Sanniquellie Grenze Liberia/Elfenbeinküste Danané 79
30. 11.1.2025 Danané Man Duékoué 152
31. 12.1.2025 Duékoué Daloa 105
32. 13.1.2025 Daloa Bouaflé 83
33. 14.1.2025 Bouaflé Yamoussoukro 62
34. 15.1.2025 Yamoussoukro Pacobo 95
35. 16.1.2025 Pacobo N'Douci Sikensi 78
36. 17.1.2025 Sikensi Dabou Sassako-Bégniny 81
37. 18.1.2025 Sassako-Bégniny Abidjan 65
Summe 2925

In Liberia
In Liberia


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