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VG WORT Tour 132: Kapverden; Dakar - Abidjan (2.925 km)


Palala, Liberia: Mit dem Faltrad in West-Afrika
Mit dem Faltrad in West-Afrika: Palala, Liberia

Bike-Blog & Routen-Karte & Etappen-Übersicht
Kapverden; Dakar - Monrovia - Abidjan (12.12.2024-19.1.2025)
Mit dem MTB auf Sal und per Faltrad vom Senegal zur Elfenbeinküste

Ausrüstung: Bike & More
Ausrüstung:
Bike & More
Ende 2006 bin ich von Casablanca nach Dakar geradelt, Ende 2023 bin ich mit Miri von Abidjan nach Cotonou geradelt. Für die Strecke zwischen Dakar und Abidjan hab ich oft geplant, jetzt scheint es wahr zu werden: eine Tour entlang der Westküste Afrikas im Bereich Oberguineas, wie es früher genannt wurde. So will ich durch die Länder Senegal, Gambia, Guinea-Bissau, Guinea, Sierra Leone, Liberia und Elfenbeinküste radeln. Auftakt ist eine Stippvisite auf den Kapverden.
you split the world
into pieces and
called them countries
declared ownership on
what never belonged to you
and left the rest with nothing

- colonize

Rupi Kaur:
The Sun and Her Flowers

Teil 2: Januar 2025
Sierra Leone, Liberia, Elfenbeinküste


Teil 1: Dezember 2024
Kapverden, Senegal, Gambia, Guinea-Bissau, Guinea, Sierra Leone


Air Portugal Maschine in Frankfurt Überredungskünste beim Zoll
Donnerstag, 12. Dezember 2024: Mainz - Auto - Frankfurt - Flug – Lissabon – Flug - Sal (Kapverden) - Taxi - Espargos

Mir ist kotzübel. Seit gut zwei Tagen. Entsprechend schleppend verlaufen die letzten Vorbereitungen. Miri bringt mich netterweise mit dem Auto zum Flughafen. Schleppt für mich die 22 kg schwere Kiste mit dem Fahrrad und einem Teil des Gepäcks. In der Brompton Tasche habe ich nur leichtes Handgepäck. Am Flughafen bin ich dann auf mich allein gestellt. Aber mit einem Wägelchen geht alles wunderbar. Ich schleppe mich so zum Gate.
Zwischenlandung in Lissabon mit Air Portugal. Die Stunden ziehen sich ein bisschen. Zumal mein Flug auf die Kapverden eine halbe Stunde Verspätung hat. Diesmal gibt es sogar etwas zu essen. Aber ich habe keinen Hunger. Mein Magen streikt nach wie vor. Ich schlafe viel.


Aeroporto Internacional de Lisboa Humberto Delgado
Aeroporto Internacional de Lisboa Humberto Delgado


Aeroporto Internacional de Lisboa Humberto DelgadoErstaunlicher Hightech_Empfang in Sal auf den Kapverden. Meine 31 Euro teure elektronische Registrierung ist tatsächlich erfasst und ich kann durch die Sperre mit automatisierter Reisepass-Kennung einreisen. Schließlich taucht auch der Brompton-Karton auf dem Gepäckband auf. Rundum ist eine lockere Atmosphäre.
Ich sehe mich schon im Taxi sitzen, aber in diesem Moment will eine ältere Dame vom Zoll meinen Karton mal von innen sehen. Ich werde also in einen kleinen Nachbarraum geführt. Ich erkläre der Dame, dass ich den Karton eigentlich gerne ungeöffnet mitnehmen würde, weil ich morgen damit so in den Senegal weiterfliegen möchte. Das würde mich gegenüber einem normalen Zoll im Grunde nur zusätzlich verdächtig machen. Immmerhin stimmt es. Sie hat gleich ein Klebeband zur Hand, dass ich dann später benutzen könnte, um den Karton wieder zu zu kleben. Jetzt ziehe ich mein letztes Argument: ich zeige mein Flugticket morgen Abend von gleicher Stelle weiter nach Dakar. Damit ist sie dann zufrieden und lässt mich ziehen, ohne dass irgendeines meiner Gepäckstücke geöffnet wird.
Der Taxifahrer verlangt für die drei Kilometer vom Flughafen nach Espargos 15 Euro. Mein Vermieter hatte sieben als angemessen betrachtet, auch nach Mitternacht. Durch die leichte Flugverspätung ist es schon nach ein Uhr, also nach drei Uhr deutscher Zeit. Obwohl kein Lebenszeichen in dem kleinen Hotel zu erkennen ist, besteht der Fahrer auf schneller Bezahlung. So stehe ich also bald allein auf den Kapverden, rufe den Vermieter an. Der ist aber ohne Ankündigung zum Flughafen gefahren und kommt mit einem weiteren Gast kurz darauf zurück. Praktischerweise kann ich sofort für den Tag ein Fahrrad leihen. So kann mein Paket tatsächlich bleiben, wie es ist.


Weihnachtsbeleuchtung in Espargos, Sal, Kapverden
Weihnachtsbeleuchtung in Espargos, Sal, Kapverden


Fahrrad vor Schiffswrack in Pedra de Lume Im Warten vereint
Freitag, 13. Dezember 2024: Espargos - Salinas de Pedra de Lume - Espargos - Buracona - Blue Eye Cave - Espargos (39 km) - Taxi - Flughafen Sal - Flug - Flughafen Dakar - Taxi -Diass

Espargos ist einfach der nächste Ort zum Flughafen. Deshalb erschien er mir praktisch für meine Übernachtung. Rund 17.000 Menschen sollen hier leben. Es ist wunderbar ruhig und untouristisch. Ein bisschen Weihnachtsbeleuchtung. Boas Festas heißt es allenthalben.
Ein bisschen geht es mir besser als gestern. Am Morgen bessere ich den Karton ein bisschen aus, damit er auch den zweiten Flug übersteht. Am späten Vormittag fühle ich mich fit genug für eine kleine Radtour an die Ostküste. Das Fahrrad meines Vermieters ist okay, der Sattel ein bisschen niedrig. Erst über Pisten, dann über eine Asphaltstraße geht es zu einer kleinen Bucht mit Hafen. Früher wurde hier das Salz aus den nahe gelegenen Salinas verladen. Eine Kirche von 1855, Farol de Pedra de Lume, steht hier etwas verloren in der Gegend. Kolonialerbe. Portugiesisch.
Jetzt noch ein paar Meter rauf zu den Salinas. Mehrere TUI-Jeeps und andere Touristen-Vehikel haben mich überholt. Sie alle finden sich am Parkplatz vor dem Durchgang in den Krater. Der alte Salztransport lief über eine Seilbahn, deren Stationen man noch erkennen kann. Sechs Euro kostet der Eintritt. Hinter dem Felsentunnel sieht man warum: man kann hier im Salinenkrater baden. Wie im Toten Meer. Restlos gesättigtes Salzwasser. Offenbar eine beliebte Touri-Attraktion auf Sal. Ich fühle mich nicht fit genug dafür.


Pedra de Lume: Kirche von 1855
Pedra de Lume: Kirche von 1855

Salinas de Pedra de Lume
Salinas de Pedra de Lume

Fahrt Richtung Monte Leste
Fahrt Richtung Monte Leste


Buracona - Blue Eye CaveNach dem Mittags-Akklimatisierungs-Schlaf radel ich noch zur Westküste. Buracona, das blaue Auge, heißt hier die Attraktion. Es geht eine einsame Piste an der Küste entlang nach Norden. Wie heute Vormittag starker Nordostwind, hier also zunächst Gegenwind. Die Piste ist gut zu fahren mit dem Rad, aber der niedrige und schlechte Sattel macht sich auf die Dauer doch bemerkbar.
Wie sich herausstellt, ist das Blaue Auge nur tagsüber bei einem bestimmten Sonnenstand zu sehen. Als ich dort kurz nach vier auftauche, sind nicht nur alle Touristen verschwunden, sondern auch das Blau. Die Salzgrotte ist schwarz, die Sonne steht zu tief. Dennoch erlebe ich eine schöne Vulkananlage, mit einem Naturbeckern zum Schwimmen im Meer und einen Garten, in dem mit Muscheln die anderen Kapverdischen Inseln dargestellt sind.
Überraschung am Flughafen: ich bin viel zu früh. Der Flug ist eine Dreiviertelstunde nach hinten verlegt. Also heißt es, erstmal gedulden außerhalb der Check-In-Halle.
Es wird noch viel Geduld gefordert in dieser Nacht. Unser Flug HC207 soll ein Rundflug werden von Dakar über Praia und Sal zurück nach Dakar. Manche Systeme wie Flightradar tun so, als liefe alles nach Plan. Nur die rund zwanzig Passagiere, die hier um 21:15 Uhr zusteigen wollten, sitzen Stunde um Stunde an Gate 3. Nichts tut sich. Nicht der Hauch einer Information. Lässt sich leichtsinnigerweise jemand blicken, der auch nur halbwegs offiziell aussieht, wird er sofort bestürmt. Vor allem von dem Mann, der um seinen Weiterflug nach Casablanca fürchtet. Gegen ein Uhr landet schließlich Air Senegal, von deren unterirdischer Performance ich inzwischen online gelesen habe. Auf den rund 700 Kilometern zum Festland gibt es sogar ein Sandwich. Das wird zu meinem Frühstück. 
Letzte Nervenprobe bei der Gepäckausgabe. Wieder sind wir zwanzig Passagiere von Sal im Warten vereint. Bis das Band noch einmal angeworfen wird. Und auch mein Brompton-Karton auftaucht.
Dem von der Unterkunft empfohlenen Taxifahrer hatte ich längst Schlafen geschickt. So zahle ich die Hälfte mehr und werde für 23 Euro die vier Kilometer bis zu meinem 'Studio meublé' gekarrt. 


Air Senegal Maschine auf Sal
Endlich Boarding auf Sal

Über 20 Kilo: Brompton-Karton
Über 20 Kilo: Brompton-Karton

Aéroport de Dakar-Blaise Diagne
Aéroport de Dakar-Blaise Diagne


Brompton auf Sandpiste bei Sendou Schock
Samstag, 14. Dezember 2024: Diass - Bargny - Sendou - Toubab Dialao (37 km)

Um elf Uhr ist Check-Out-Time. Bis dahin habe ich es geschafft, das Fahrrad aus dem Karton zu befördern und alles zu installieren. Es geht ein bisschen im Zeitlupentempo. Ein bisschen habe ich mich krank durch die Woche geschleppt, ein bisschen bin ich übermüdet durch die lange Nacht am Flughafen und ein bisschen geschafft durch den Klimawechsel. Aber insgesamt fühle ich mich trotzdem fit für eine kleine Etappe.
Ich habe mich entschieden, kurz nach Norden zu fahren, um eine Verbindung herzustellen zur Tour vor 18 Jahren von Casablanca nach Dakar. Bald bin ich also wieder auf der Einfallstraße in die Metropole, vor der man mich damals so gewarnt hat. Sie ist so harmlos wie seinerzeit. Toubab-Rufe und Baobab-Bäume sind wieder Begeiter an der Strecke.
Nach wenigen Kilometern, am Rand von Bargny, geht's schon wieder links ab auf die Route de Yenne Richtung Süden an die Küste. Dieser Teil der Strecke ist bei Google Maps nicht so komfortabel dargestellt, aber es fährt sich zunächst ganz gut.
In Sendou habe ich schon zwei Drittel der heutigen Tagesetappe geschafft. Ich mache Pause in einer kleinen Bäckerei. Nun aber endet der Asphalt, obwohl ab hier die Strecke auf der Karte eigentlich besser dargestellt ist. Ich muss dauernd vom Fahrrad springen um durch den tiefen Sand zu schieben.
Schon zwei, drei Kilometer nach der Bäckerei, ich habe zwischendurch noch ein Pferdefuhrwerk fotografiert, blicke ich entsetzt auf meinen Handyhalter. Er ist leer. Das Handy weg. Sofort drehe ich um, um danach zu suchen. Nach ein paar hundert Metern kann ich zwei Jungs dazu bewegen, mir zu helfen. Ich bitte sie mein Handy anzurufen. Das erweist sich als unmöglich, weil ihre Karten offenbar keine Gespräche nach Deutschland zulassen.
Nächster Versuch: Sie sind bereit, mühsam einen Kontakt neu zu erstellen in ihrem Adressverzeichnis mit meiner WhatsApp-Nummer. Dann können sie mich per WhatsApp anrufen. Das Freizeichen ist zu hören. Immerhin. Aber niemand hebt ab. Im Nachhinein ist mir klar, dass niemand abheben kann, weil das Daten-Roaming an meinem Handy natürlich abgestellt ist. Aber ich stehe unter Schock und das Freizeichen gaukelt ein Stück Hoffnung vor, an das ich zu gern glaube.
Die beiden Jungs begleiten mich den Rest der Strecke bis zur Bäckerei. Vergeblich. Das Handy ist nicht zu finden. Was tun? Sie nennen mir die nächste Polizeistation. Sie soll drei Kilometer entfernt sein. Ich lasse mein Fahrrad in einem kleinen Hotel, der Auberge Royal.
Der Chef organisiert ein Mototaxi. Ich sitze hinten auf bei Ibrahim. Im Grunde fahren wir zurück zu dem Ort, bei dem ich von der Hauptstraße abgezweigt bin: Bargny.


Brompton auf Sandpiste bei Sendou
Sandpiste bei Sendou


Poste de Police: Bargny In der Polizeistation hängen ein paar Polizisten rum, weit und breit ist kein Computer zu sehen. Die Anzeigenaufnahme ist outgesourced. Das heißt: ich muss zu einem Laden, wo ein Schreiber mit schöner Handschrift für rund anderthalb Euro meine Angaben auf Papier bringt. Ohne ein Formular. Ibrahim macht netterweise ein Foto davon. Mit dem Blatt Papier gehen wir zurück zur Polizeistation. Dort wird das Formular mit einem Aktenzeichen versehen und der Vorgang handschriftlich in ein Buch eingetragen.
Das ist der lustigste Moment an einem düsteren Tag: auf dem Tresen hinter dem die Polizisten lungern, steht ein riesiger Fernseher. Und auf dem läuft die 17. und 18. Minute des Bundesligaspiels Mainz gegen Bayern. Live. Es ist also 15:47 Uhr in Deutschland, 14:47 Uhr hier. So kann ich im Senegal einen kleinen direkten Blick auf Rasen in Bretzenheim werfen in einem Moment, in dem ich überhaupt keine Möglichkeit habe, mit irgendjemand in Mainz Kontakt aufzunehmen.
Ein paar Läden jenseits vom Schreiber kennt Ibrahim einen Handyladen. Hier kann ich wählen zwischen den Modellen Pop 8 und Pop 9 der chinesischen Firma Tecno. Das neuere Modell mit der besseren Kamera kostet 80 Euro. Ich kaufe es und bin gespannt, was ich damit machen kann.
Die senegalesische SIM-Karte kann ich erst in Sendou kaufen. Ich buche vier Gigabyte dazu. Ibrahim kennt alle Läden und Verkäufer. Zurück im Hotel trinke ich mit ihm noch eine Fanta. Mit einem Selfie verabschieden wir uns herzlich.
Die Atmosphäre in der Auberge Royal ist nicht so einladend. Deshalb fahre ich noch wie geplant rund neun Kilometer bis zum Hotel, das ich am Morgen bei Booking.com auserkoren hatte. Auch ohne Internet und Google Maps - noch funktioniert mein Handy nicht wirklich - schlage ich mich zum etwas versteckt liegenden Hotel Begue Pokai durch.
Hotelier Angelo, Italiener, ist sehr hilfsbereit. Wie vermutet habe ich große Schwierigkeiten an viele Daten heranzukommen. Die sogenannte Multi-Faktor-Authentifizierung dreht sich im Kreis: Passwörter sind nutzlos, weil ich weder App noch SMS habe um die zweite 'Sicherheitsstufe' zu durchlaufen. Es wird über einen Monat dauern, bis ich an viele Bank- und Kreditkarten-Daten zum Beispiel wieder herankomme.
Der erste Erfolg ist zunächst meine E-Mail. Dort reicht ein Passwort. In meinen E-Mails habe ich einige Zugangsdaten hinterlegt. Aber zunächst muss ich das Handy als verloren melden. Das gelingt mir schließlich mit Skype, dass ich von Angelos Notebook ausnutzen kann. Auch wenn Skype auf einem Stand von vor 20 Jahren stehen geblieben zu sein scheint und ich ständig mehrere Leitungen im Ohr habe: Ich schaffe es, mein Handy als verloren zu melden.
Die nächste Hürde: der Google Play Store. Auch kann ich mich ohne mein altes Handy nicht in meinem Account authentifizieren. Irgendwann in der Nacht hilft mir der Account meiner Mutter, den ich mal angelegt habe und der eben nicht doppelt gesichert ist. So kann ich überhaupt erst anfangen, Apps auf das neue Handy runterladen.
Um 3:24 Uhr schreibe ich eine Nachricht auf WhatsApp an meinen Helfer Ibrahim. 'On est ensemble' antwortet er später. Das tut sehr gut. Ich höre es noch häufiger auf dieser Tour. In den englischsprachigen Ländern heißt es 'we are together', oft gefolgt von 'Thank God'. 


Ibrahim und Chris
Mit Ibrahim und neuem Handy

Hotel Begue Pokai
Hotel mit Pool: Begue Pokai

Hotel Begue Pokai
Hotel-Arkaden


Kirche Santa Rita, Toubab Dialao Freude und Gaudi
Sonntag, 15. Dezember 2024, 3. Advent: Toubab Dialao

Es geht gemächlich los im Hotel Begue Pokai. Genau das Richtige. Einsam kann ich ein paar Runden im Pool ziehen. Wäsche waschen. Frühstücken. Eine vierköpfige junge französische Familie, die in Genf lebt, sitzt mit am Tisch. Sie reisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln und Taxi durch die Gegend. Hotelier Angelo erzählt von einer Kinderbetreuung, die er hier mit managet. Die Maribu sollen die traditionelle Aufgabe der Betreuung verwaister Kinder vernachlässigen. 
In der neuen vollbesetzten Kirche Santa Rita von Toubab Dialao (Toubab Dialaw) ist heute Rosé angesagt. Dritter Advent. 'Gaudete in Domino semper' ('Freut euch im Herrn zu jeder Zeit!', Phil 4,4). Der Priester predigt von der Freude. Der stimmgewaltige Jugendchor wird gefeiert und feiert sich selbst. Eine Freude. 


Strand bei Toubab Dialao
Strand bei Toubab Dialao


Espace Hotel Sobobade, Toubab Dialao Nach der Siesta bleibt noch Zeit für einen Spaziergang zum Espace Hotel Sobobade, einer Antoni Gaudí nachgeahmten Hotelanlage direkt am und über dem Meer. Der Erbauer, Philosoph, Architekt und vieles mehr sei in hohem Alter vor zwei Jahren verstorben, erzählte mir Angelo. Ich lasse mich nieder zu einem Abendessen. Die Sonne verschwindet in den Wolken. Am Horizont verschwinden im Dunst die Wolkenkratzer von Dakar.


Morgenröte in Toubab Dialao
Morgenröte in Toubab Dialao

Zimmer mit Fahrrad im Hotel Begue Pokai
Im Hotelzimmer

Sonnenaufgang südlich von Toubab Dialao
Sonnenaufgang südlich von Toubab Dialao


Omelette Mittagshitze killt Tagesplan
Montag, 16. Dezember 2024: Toubab Dialao - M'bour - Fatick (104 km)

Ich starte mit dem allerersten Morgenlicht. Es ist zunächst angenehmer, etwa zwanzig Grad. Kein Verkehr. Es geht ein bisschen auf und ab, aber dann sehr flach weiter wie den Rest des Tages.
Schon bald muss ich von der Küste ab zurück zur Nationalstraße. Dabei kreuze ich die Autobahn A1. Ein französischer Rennradfahrer überholt mich direkt unter der Autobahnbrücke. Ich frage ihn, ob ich auf der Autobahn radeln könne. Das weißt er weit von sich. Er lebe schon sechs Jahre hier und sei sehr zufrieden: 'On profite de la météo.' 
In M'bour geht es mir vor allem um einen Geldautomaten. Meine Geldvorräte sind durch die unvorhergesehenen Ereignisse stark geschrumpft. Der erste Automat ist außer Betrieb, aber direkt nebenan komme ich zum Ziel. Zu viel Geld kann ich sowieso nicht abheben, denn der westafrikanische Franc CFA gilt auch in weiteren Ländern meiner Tour: Guinea-Bissau und Elfenbeinküste. Und in Gambia und Guinea kann man CFA gut wechseln, wie sich herausstellt.


Brompton-Parkplatz
Brompton-Parkplatz

Savanne
Savanne


Rinder Jetzt zweigt die Nationalstraße 1 von der Küste ab Richtung Osten. Letztlich macht sie einen großen Bogen um Gambia herum zum südlichen Landesteil vom Senegal, der Casamance. Stunde um Stunde wird es heißer. Um viertel vor elf bekomme ich noch ein zweites Frühstück: Omelette mit ein bisschen Salat und Brot, während hinten in der Küche zwei junge Frauen auf dem Boden sitzend Fisch präparieren fürs Mittagessen. Bei einer weiteren Pause muss ich konstatieren, dass die Halterung vom Dynamo abgebrochen ist. Der Dynmao wandert in die Tasche. Fahrten in der Dunkelheit sind jetzt noch weniger zu empfehlen.
Mittags wird es so heiß, dass ich alle fünf Kilometer eine Pause mache um zu trinken und um meinen Kopf mit Wasser zu kühlen. Eigentlich stehen 130 Kilometer heute auf meinem Plan. Aber dafür müsste ich eine längere Pause machen, um den kühleren Spätnachmittag abzuwarten. Das will ich nicht und bin auch zu erschöpft dafür.
Fatigue in Fatick, mein neues Etappenziel. Hier gibt es unerwartet mehrere gute Hotels. Schon checke ich ein und kann noch einen Nachmittagsschlaf machen. Später dann der Spaziergang zum Markt. Es wird erst um 19 Uhr dunkel. So kann man abends länger unterwegs sein.


Brompton: Dynamo-Halterung abgebrochen
Dynamo-Halterung abgebrochen

Morgenschatten
Morgenschatten um halb neun


Kutsche Durch das Saloum-Delta
Dienstag, 17. Dezember 2024: Fatick - Foundiougne - Toubacouta (95 km)

Ich lasse mich früh wecken vom meinem Smartphone. Doch statt ein Stunde früher zu starten, wird es letztlich eine Stunde später bis zum Start. Ich muss noch ein paar Dinge online erledigen. Da hätte ich doch noch das Frühstück mitnehmen können. das ich gestern leichtsinnig abbestellt hatte.
Es wird nicht ganz so heiß wie gestern. Wobei der diesiege Himmel gestern eher getäuscht hat. Vor allem habe ich mehr Rückenwind. Auch habe ich in Fatick die Nationalstraße verlassen und damit fast den gesamten Verkehr hinter mit gelassen.
Schon taucht die neue Brücke über den Fluss Saloum mit Blick auf viele Inseln in seinem Delta auf. Ich darf hinüber radeln, muss aber ausnahmsweise zahlen: umgerechnet 30 Euro-Cent. Am anderen Ende der Brücke ist das Zentrum von Foundiougne erstaunlich überschaubar. 
Ein Ladenbesitzer lenkt mich geschickt an seinen Tisch. Ich bin froh, dass ich sitzen kann. Er besorgt Omelette, Sandwich und Nescafé. Dafür muss ich mir seine Werbung für Touren im Saloum-Delta anhören. Und natürlich einen Aufpreis zahlen. Meine Tourenstimmung hält sich in Grenzen, Lust auf Exkursionen sowieso. Wieder muss ich online noch ein paar Dinge regeln. Dank meiner senegalesischen Orange-SIM-Karte habe ich überall ganz akzeptablen Empfang.
Bei einem Orange-Händler 10.000 CFA, rund 15 Euro, auf das Handy von Ibrahim, meinen Motorradtaxifahrer von Sendou, für eine Recherche schicken. Die Überweisung via Handy kostet 100 CFA - nur ein Prozent.


Pont de Foundiougne: Saloum
Pont de Foundiougne über den Saloum


Polizeikontrolle im Schatten Die Straße führt nun parallel zum Flussufer des Saloum nach Osten. Das bedeutet eine Weile Gegenwind. Dann dreht sich das softe Asphaltband nach Süden. Wo es in Passy auf die N5 trifft. Eine Tankstelle bietet Ingwer-Ananas-Saft im Tetrapak. Und hostet damit meine Mittagspause. Der Saft schmeckt kräftig nach Ingwer und wirkt dadurch nicht so süß.
Danach treibt mich der Wind die letzten vierzig Kilometer bis Toubacouta (Toubakouta), wo ich wieder ausgetrocknet, ausgelaugt und erschöpft eine Unterkunft suche. Und finde: Die La Kora Lodge. Immerhin lief es heute insgesamt flüssiger auf dem Brommi. Ich gewöhne mich wieder ans Faltrad.
Abendspaziergang zum Ufer eines Deltaarms des Saloum. Relaxte Atmosphäre ringsum. Trotz vieler Lodges und Campements. 


Abendstimmung am Pier in Toubacouta
Abendstimmung am Pier in Toubacouta


Frühstück La Kora Lodge in Toubacouta Zurück zur Polizei
Mittwoch, 18. Dezember 2024: Toubacouta

Ibrahims Recherche hat ergeben, dass die Polizeistation von Bargny noch Fragen habe und dann auch eine maschinenschriftliche Verlustanzeige von meinem Handy ausstellen würde. Der Hotelier besorgt mir kurzfristig einen Taxifahrer, auch wenn er meint, ich könne die Strecke nach Bargny günstiger per Autostopp zurücklegen. Doch selbst mit Chauffeur wird es ein langer Tag.
Cherif Ndong klappert mit seinem Uralt-Peugeot über die Sandpisten von Toubacouta. Jetzt stehen vier Stunden Fahrt Richtung Dakar an. Ziemlich genau die Strecke, die ich an den vergangenen Tagen geradelt bin. Rund um den Flughafen nutzen wir die Autobahn. Die Péage kostet nur wenig mehr als die Brückenmaut bei Foundiougne.
Auch Ibrahim ist mit seinem Motoradtaxi vor der Polizeistation zur Stelle. Als wir kurz vor eins eintreten, ist der entscheidende Mann der Station aber gerade zum Krankenhaus gefahren, um ein Auge behandeln zu lassen. Frühestens um 15 Uhr, eher um 16 Uhr sollten wir uns wieder sehen lassen.
Cherif und ich gehen essen, während Ibrahim weiter arbeitet. Cherif hat Hemmungen nach dem Essen einfach weiter im Schnellrestaurant Djolof Chicken zu warten. Er fragt extra nach einer Genehmigung.


Cherif Ndong - Taxifahrer im Senegal
Mein Fahrer: Cherif Ndong

Beifahrer-Blick
Beifahrer-Blick


Poste de Police: Bargny Um 15 Uhr bin ich zurück bei der Polizei. Der Chef ist mit seinem neuen Augenverband vorübergehend einäugig. Es gibt nur zwei, drei Wartende, aber es geht nichts voran. Kurz vor vier werde ich endlich zu einer Enquêteuse hereingebeten. Sie möchte vor allem meinen Beruf und die Vornamen meiner Eltern wissen.
Die Dame arbeitet zügig und konzentriert. Ibrahim darf nicht mit rein. Ihr Kopftuch wird kontrastiert durch das Plastikglas einer Vodkamarke, in dem die Stifte stecken. Bald wird das fertige Protokoll ausgedruckt. Ich muss eine weitere Dreiviertelstunde auf eine Unterschrift und einen Stempel warten. Obwohl es nur drei, vier Räume und so gut wie keine Kundschaft gibt.
Rückfahrt mit Cherif Ndong in die Dunkelheit. Um 21 Uhr sind wir zurück in Toubacouta. Darauf das erste afrikanische Bier im netten Mariamacounda B & B nebenan. Als ich zurück zur La Kora Lodge komme, steht dort ein großer Bus. Auch wenn es noch vor 22 Uhr ist, haben sich alle Gäste schon verkrochen. Eine lange Tafel ist fürs Frühstück gedeckt.


Mariamacounda B & B: Bière La Gazelle
Endlich Bier


Landstraße zur Grenze Senegal/Gambia Fatuma thront auf dem Gepäckträger
Donnerstag, 19. Dezember 2024: Toubacouta - Grenze Senegal/The Gambia - Barra -  Fähre - Banjul - Jambanjelly - Sanyang (88 km)

Um sieben Uhr sitzen 14 polnische Touristen schon erwartungsvoll am langen Frühstückstisch. Für mich wird heute abseits gedeckt. Wo ich mit dem Guide der Polen ein bisschen quatschen kann.
Mit Rückenwind geht's die letzten 25 Kilometer zur Grenze. Dort geht's schnell. Die Senegal-Ausreise liegt ruckzuck hinter mir draußen rechts am Straßenrand. Bei der Gambia-Einreise müssen ich und andere am linken Departure-Schalter abgefertigt werden, weil der Fingerscanner am richtigen Schalter defekt ist. Nach der elektronischen Erfassung draußen muss man noch rechts direkt daneben den Eingang in das Haus nehmen, wo an der ersten Station nochmal alles analog in ein Buch eingetragen wird. Und danach bekommt man hinten links im Gebäude endlich den Stempel. Das Fahrrad muss draußen warten. Zuletzt wechsle ich CFA in Dalasi bei einem der vielen Exchange-Läden. Alles in allem weniger als eine halbe Stunde an der Grenze.
Die Menschen sprechen mich jetzt nicht mehr auf Französisch sondern auf Englisch an, die Kinder rufen immer noch Toubab. Weißer. Es gibt einige Militärposten, auch wenn alles ganz friedlich wirkt. Rechtsverkehr gilt übrigens weiterhin. 


Gambia: Mütter mit Babys auf dem Rücken
Mütter

Barra: Fähranleger
Barra: Fähranleger

Barra: Fähre mit Fatuma
Fatuma

Banjul: Never Again Memorial Arch
Banjul: Never Again Memorial Arch


Banjul: Royal Albert Market Auf die Fähre kann ich warten, während ich auf einem Stuhl sitze. Am Ende stellt sich heraus: Mein Nachbar hat den Stuhl aus seinem Auto geholt. Für wen der ursprünglich gedacht war, bleibt offen. Wunderbar für mich. Denn das Warten auf die Fähre dauert mindestens eine Stunde. Dann stürzen die Leute von Bord und gleich setzt die Bewegung ein Richtung Fähre. Ich bleibe mit dem Fahrrad auf der unteren Ebene und gehe in den rechten Gang. Dort kann man sitzen kann und für das Fahrrad ist auch ein klein bisschen Platz. Es wird immer voller. Fatuma setzt sich auf den Gepäckträger des Brompton. Mit dem darauf montierten Schloss ist es vielleicht etwas bequemer, als sonst. Aber sie sitzt da so zufrieden, als wäre es ein Thron. Ständig laufen Verkäuferinnen an uns vorbei. Ich kaufe ein Eis, lecker, und Cashewkerne. Die sind nicht allzu billig. Nach sechs Kilometern mit der Fähre über die Mündung des Fluses Gambia stürzen wieder alle von Bord.
In Banjul, Gambias Hauptstadt, wuselt das Leben. Beim Markt bietet man mir an, das Fahrrad zu parken. Aber ich will eigentlich nur weiter. Fahre aus der Stadt durch den 'Bogen 22', der an einen Militärcoup erinnert unter dem Motto: Never again!
Ich folge der direkten Verbindung in den Süden, obwohl Google Maps die Küstenstraße empfiehlt. Und das zu Recht, denn die direkte Verbindung ist sehr sandig bei extrem viel Verkehr. Aber auch da komme ich durch und am Ende wird es wieder wunderbar frei.
In Jambanjelly (Jambajeli; Jambanjali; Fula Kunda) fahre ich rechts ab nach Westen zurück zur Küste. Bei einem Händler bekomme ich endlich Wassermelonenteile, ohne eine ganze Melone kaufen zu müssen. Mühsam sind ab Sanyang die letzten drei Kilometer zum Sanyang Fishing Village, weil die Strecke nicht asphaltiert und sandig ist. Im Fischerdorf wirbt mich gleich ein Junge an für die Rainbow Beach Bar and Lodge. Ein Traum. Seine Provision fällt allerdings enttäuschend aus, weil ich nur eine Nacht bleiben möchte.


Sanyang Fishing Village: Schaukel am Strand
Am Atlantik

Sanyang Fishing Village: Fischerboote
Fischerboote

Sanyang Fishing Village: Fußballspiel im Sonnenuntergang
Sunset-Vergnügen

Sanyang Fishing Village: Rainbow Beach Bar And Lodge
Rainbow Beach Bar And Lodge


Handy-Laden Im Wattenscheider Kindergarten von Westafrika
Freitag, 20. Dezember 2024: Sanyang - Brikama - Grenze The Gambia/Senegal - Ziguinchor (138 km)

Ich schwanke am Abend und am Morgen, ob ich nicht doch hier bleiben soll und das wunderbare Quartier am wunderbaren Strand genießen soll. Am Morgen ist dann der versprochene Frühstücksservice um 7 Uhr nicht zu entdecken. Das erleichtert die Entscheidung. Ich fahre weiter. Liege eh schon im Gesamtzeitplan zurück. 
Kumpel Christian hat mir noch via Facebook einen Tipp gegeben. In Brikama, ein Ort auf meiner Route, gibt es einen 'Kindergarten Wattenscheid' mit entsprechendem Sponsoring aus dem Ruhrgebiet. Da mache ich um halb neun einen Zwischenhalt.
Ich werde vom Leiter herumgeführt. Eine große Anlage für 580 Kinder. Drei Jahre lang können sie den Kindergarten besuchen. Zahnhygiene ist ein großes Thema, es gibt Verpflegung montags bis donnerstags und einen Garten, in dem die Mütter Lebensmittel anbauen können. Heute ist der letzte Tag vor den Sommer-Weihnachtsferien, entsprechend ist die Aufbruchstimmung. Auch ich breche bald weiter auf zur Grenze zurück in den Senegal.


Kindergarten Wattenscheid in Brikama: drei Jungs
Kindergarten Wattenscheid in Brikama

Kindergarten Wattenscheid in Brikama
Eingang

Kindergarten Wattenscheid in Brikama: Erzieher*innen
Erzieher*innen


Senegal-Grenze Nach 25 Stunden bin ich wieder raus aus Gambia. Auf der senegalesischen Seite fährt man erst mal drei Kilometer bis zu den Grenzstationen. Leider werde ich zum Zoll gewiesen, der natürlich nicht für mich zuständig ist. So warte ich ein paar Minuten sinnlos. Alles ist hier viel kleiner als beim Grenzübergang der gleichen Länder gestern. Auch Geldwechsler sehe ich keine.
Jetzt ist die Landschaft nicht mehr so dicht besiedelt wie in Gambia. Ich kann wunderbar dahin radeln, auch wenn es heute ein bisschen mehr auf und ab geht. 
Die spannende Frage ist, ob ich heute noch ein Visum für Guinea-Bissau bekomme. Im Internet steht, dass man beim Konsulat in Ziguinchor auch am Wochenende das Personal herbeitelefonieren kann, aber ob das wirklich funktioniert, ist natürlich offen. Also versuche ich vor 17 Uhr dort zu sein. Das schaffe ich, aber das Konsulat ist bereits geschlossen. Es hängen zwei Telefonnummern am Tor. Schon bei der ersten erreiche ich jemanden, der auch in wenigen Minuten vor Ort ist. In zwei, drei Minuten habe ich für rund 40 Euro ein Visum für Guinea-Bissau. 
Ich übernachte im Camp Casamance. Das stellt sich als ein Treffpunkt der Oberlander heraus. Ich treffe Motorrad- und Jeepfahrer, die mich heute überholt haben. Sehr schön ist noch ein Abendspaziergang durch die Lehmgassen des Ortes.


Moschee
Moschee am Wegesrand

Brompton auf Casamance-Brücke
Casamance-Brücke

Konsulat von Guinea-Bissau in Ziguinchor
Konsulat von Guinea-Bissau

Konsulat von Guinea-Bissau: Visum
Mein Visum


Junge Radler im Senegal Dritte Grenze in drei Tagen
Samstag, 21. Dezember 2024: Ziguinchor - Grenze Senegal/Guinea-Bissau - São Domingos - Ignoré - Bula (114 km)

Ich versuche wie jeden Tag einen Frühstart gegen sieben Uhr, um der Mittagshitze etwas zu entgehen. Das gut verpackte Frühstück hat man mir am Abend schon gezeigt. Das Wasser in der Thermoskanne ist tatsächlich noch heiß, aber ein paar junge Mitarbeiter sind auch schon auf, während die Overlander noch schlafen. So radle ich um halb acht von dannen. Nach den diesiegen Tagen soll es heute wieder heißer werden. 
Die Ausfallstraße zur Grenze ist zunächst sehr gut. Zu gut wie sich herausstellt. Denn sie ist wohl ganz neu und bis zur Grenze noch nicht fertig. Gleichwohl kann man auch im Baustellenbereich besser fahren als gestern gegen Ende auf der Piste durch die Mangrovengebiete vor der Überquerung des Flusses Casamance. 
Die Senegalesische Ausreise geht wieder ruckzuck, auch hier ohne Kamera und Fingerabdrücke. In Guinea-Bissau werde ich mal wieder in ein Buch eingetragen. Gestern gab es hier vier Durchreisende, heute bin ich der erste. 


Einreise in Guinea-Bissau
Einreise in Guinea-Bissau


Mangroven Die Straße in Guinea-Bissau hat zunächst ein paar Schlaglöcher. Mir macht's nichts aus. In São Domingos lasse ich mir an einem Stand am Straßenrand ein Sandwich schmieren mit Kartoffeln und Ei plus Pfeffer. Schmeckt super. 
Immer wenn die Strecke, die nun nach Osten führt, auf das Level der Mangrovensümpfe fällt, wird die Straße zur Piste. Ganz außen lässt sich meist ganz gut fahren. Ich muss mich aber sehr konzentrieren, besonders an den Übergängen zum Asphalt.
Noch eine Sandwichpause in Ignoré. Die Menschen sind - wie vom Lonely Planet verheißen - sehr nett, auch wenn die Verständigung recht schwierig ist. Nur ein Drittel spricht Portugiesisch, ich so gut wie gar nicht. Ich heiße nun nicht mehr wie in der Sprache der Wolof 'Toubab', sondern auf Portugiesisch 'Branco'. Die Bedeutung ist die gleiche: Weißer. Viele Kinder kreischen fröhlich, wenn sie mich entdecken und gehen dann in rhythmisches Rufen über: Branco, Branco, Branco.
Ich hole ein Mädchen ein, das auf einem Unicef-Fahrrad daherklappert. So richtig viel Portugiesisch kann sie wohl auch nicht. Dann sagt sie auf Englisch, dass sie kein Englisch kann. Surprise. Sehr geduldig strampelt sie auf dem Klapperding. Bremsen scheint es keine zu geben. Auch sie möchte mein Rad. 'I like your bke' höre ich immer wieder. Sie signalisiert es durch Zeichensprache. 
In Bula mit seiner langen Allee entdecke ich einen kleinen Fahrradladen. Wir fetten ein bisschen meine Kette, die durch Sand und Dreck runter gerockt ist. Ein paar Meter weiter gibt es kaum gekühlte Getränke. Mehrere Personen signalisieren mir, ich sähe müde aus. So fühle ich mich auch. Zum Glück gibt es am Ortsrand ein Hotel. Als ich dorthin steuer, überholt mich ein belgischer Motorradfahrer, den ich aus unserem Quartier in Ziguinchor kenne. Er staunt, wie weit ich gekommen bin. Ich könnte es noch bis Bissau schaffen. Aber es muss nicht sein. Ich bleibe.


Radlerin auf Unicef-Rad
Radlerin auf Unicef-Rad

Transporter: Reichlich Ladung
Reichlich Ladung

Stirn spiegelt Sonne
Stirn spiegelt Sonne

Rio Mansoa
Rio Mansoa


Rio Mansoa Edel-Produkte in der Hauptstadt
Sonntag, 22. Dezember 2024, 4. Advent: Bula - Bissau (40 km)

Auch wenn es nur noch knapp 40 Kilometer bis Bissau sind, bleibt die Morgenroutine: halb sieben aufstehen, sieben Uhr Frühstück - heute mal wieder selfcatering-mäßig - halb acht mit dem Morgengrauen los. Direkt vor dem Hotel endet der Asphalt. Einige Kilometer Piste stehen an. Erst mit der großen Brücke über den Rio Mansoa, Ponte Amilcar Cabral, wird es deutlich mehr Asphalt.
Dann führt eine dreispurige Einfallstraße die letzten 15 Kilometer in die Hauptstadt des Landes mit gut 400.000 Einwohnern. Rund um den Markt ist selbst am Sonntag viel Verkehr. Und viel los. Das Regierungsviertel mit dem alten Kern und Hafen dagegen wirkt verwaist. 


Transport in Bissau
Transport in Bissau

Willkommen in Bissau
Willkommen in Bissau

Markt in Bissau
Markt in Bissau

Fort São José da Amura
Fort São José da Amura


Praça do Império Ich steuer als erstes zur Fähre nach Exhube. Morgen soll sie um neun Uhr fahren. Aber so ganz überzeugend wird mir die Information nicht präsentiert.
Pünktlich zum Zehn-Uhr-Gottesdienst bin ich in der Kathedrale: Sé Catedral de Nossa Senhora da Candelária. Ich kann mein Rad samt Gepäck ein bisschen hineinschieben. Schöne Atmosphäre. Vor allem wieder Dank des Chors. Vierter Advent in Portugiesisch. Viele Messdienerinnen und Lektorinnen.
Ganz in der Nähe ist das von mir avisierte nette, kleine Hotelm Badinca. Ich bekomme sogar kurz vor Mittag noch Frühstück. Zweites Frühstück sozusagen. 
Am späten Nachmittag mache ich noch einen Spaziergang durchs Viertel. Ein Rapper Sänger lässt Aufnahmen für sein neues Musikvideo. Rundum alte portugiesische Kolonial-Architektur. 
Auch heute portugiesisches Bier: Gestern Super Bock, heute Sagres. Alle in der Mini-Flasche mit (nur) 250 Milliliter. Und zum Abschluss entdecke ich noch eine Edel-Bäckerei und einen Edel-Eisladen, wo ich für horrende Preise entsprechende Edel-Produkte bekomme.


Bisau: Boas Festas
Boas Festas!

Abendessen mit Sagres-Bier
Abendessen mit Sagres-Bier

Dreharbeiten für Musikclip mit Rapper
Dreharbeiten für Musikclip mit Rapper


Enxude: Warteschlange für Fährtickets Acht Stunden Warten auf das kleine Boot
Montag, 23. Dezember 2024: Bissau - Fähre - Enxude - Nova Sintra - Canjabel (28 km)

Ich ziehe den Start von Hotel etwas hinaus, hoffe noch auf ein Frühstück, das ich dann aus eigenen Vorräten bestreite. Immerhin hatte ich ja schon gestern beim Einchecken ein Frühstück. Auch wenn man mir für halb acht ein weiteres in Aussicht gestellt hatte. Stattdessen haut da einfach der Nachtwächter ab. Nachdem ich gerade vergeblich versucht hatte, mit ihm zusammen das Schloss zu nutzen, um den hinteren Teil des Rades nicht immer wegklappen zu lassen. 
Noch vor acht bin ich am Hafen beim Zugang zu meiner Fähre, die laut gestriger Information um neun Uhr fahren soll. Der Platz ist übersät mit Menschengruppen, die vermutlich alle mit auf die Fähre wollen. Mitten auf dem Platz eins lange Schlange, in der ich mich hinten anstellen soll. Ich merke mir ein paar Menschen rundherum.
Das Mädchen neben mir schickt Textnachrichten mit einem uralten Handy, ebenfalls von Tecno. In der Schlange bewegt sich lange nichts. Ich gehe mal ganz nach vorne. Da ist nur eine leere Bank. Auf der nimmt um halb neun genau der Typ Platz und verkauft Tickets, der vorhin schon gemosert hat, mit meinem Rad käme ich eh nicht auf die Fähre. Auch wenn ich beteuert habe, ich werde es klein wie die umstehenden Taschen falten. 
Jetzt beobachte ich, wie er Tickets für 2000 CFA (rund drei Euro) pro Person verkauft. Jeder kauft natürlich mehrere. Es verläuft schleppend. Neun Uhr ist längst durch. Ich bleibe der letzte in der Schlange. Kurz bevor ich dran komme, bietet eine Frau von vorne an ein Ticket für mich mit zukaufen. Warum nicht? Den Preis kenne ich ja. Welchen Namen hat sie eintragen lassen auf der handgeschriebenen Passagierliste? Erst später lese ich, dass Ausländer sonst das vierfache zahlen. Was mich an der Gültigkeit meines Tickets zweifeln lässt. Ganz abgesehen vom Problem der Fahrradmitnahme. 
Am Hafenzugang sagt der Mann im Anzug, der als einer der ganz wenigen Französisch spricht, ich müsse noch fünf Minuten warten. Eine Lüge gigantischen Ausmaßes. Denn wie sich peu à peu herausstellt, fahren immer nur Gruppen von 25 Personen und ich habe den letzten Buchstaben des Tages abbekommen: P. P-5 heißt mein Platz. Jeder Meter Warteschlange heute Morgen bedeutet nun etwa eine halbe Stunde länger Warten. Meine Fixpunkte aus der Warteschlange haben sich über den Platz verteilt. Verschiedentlich halte ich Kontakt. Auf dem Gepäckträger wird eine kleine Plastiktasche zurückgelassen. Ob es ein Geschenk ist, weiß ich nicht. Sie wird mir hinterher getragen, als ich neben P-Leidensgenossinnen schlafe - gegen mein Rad gelehnt.
Hauptsächlich lese ich Stunde um Stunde auf meinem Handy ein Buch aus der Onleihe über Sklaverei im 19. Jahrhundert. Dazwischen frage ich mich, warum all die Menschen, die wissen, dass sie den ganzen Tag auf die Fähre warten müssen, das tun und nichts besseres zu tun haben. 


Enxude: Fährticketverkauf
Fährticketverkauf

Mädchenhand mit altem Tecno-Handy
Mädchen mit altem Tecno-Handy

Fähre nach Enxude
Fähre nach Enxude

Fähranleger in Bissau
Fähranleger in Bissau


Bei Tite Einige wenige Weiße tauchen auf, verschwinden wieder. In meine Richtung mit meiner Fähre möchte niemand von ihnen. Ich will über die breite Mündung des Rio Geba überqueren und so gut 150 Kilometer Straße sparen. Endlich wird die P-Gruppe aufs Hafengelände gelassen. Aber nur weil man O vergessen hat. Die dürfen dann noch vor uns eines der kleinen Boote nehmen. Zeit für mich, das Rad ganz klein zu falten. Auf dieser Fähre käme ich wohl mit keinem anderen Rad mit. Wir haben über acht Stunden gewartet. Entsprechend groß ist die Freude, als es in Rettungswesten verpackt, endlich losgeht. 
Die Anlegestelle auf der Südseite des Rio Geba ist nur eine Rampe ins Wasser. Über eine Art Holzsteg können wir an Land. Noch bleiben mir zwei Stunden Tageslicht. Ich radle los. Was für ein Spaß. Was für eine tolle einsame Piste. Was für tolle Bäume ringsum. So hat sich auch dieser Tag zum Guten gewendet.
Kleine Dörfer liegen am Rand. Überall Riesenjubel bei den Kindern über den 'Branco'. Auch in dem kleinen Dorf, in dem ich schräg gegenüber der Moschee anhalte. Ousmane ist tatsächlich Imam, einer von dreien im Ort. Auch wenn er hauptberuflich Waldarbeiter ist. 'Gott hat dich zu mir geschickt' sagt er, als ich nach einer Unterkunft frage. Er hört im Radio auf Kreolisch Nachrichten.
Später lerne ich vier Töchter kennen, seine Schwiegermutter und seine Frau, die ein Sweatshirt der Deutschen Post trägt. Viele waren heute warm angezogen: es war den ganzen Tag bedeckt. Ein paar Regentropfen gab es auch. Für mich war es dennoch recht warm. Zwei Mal muss Ousmane zum Gebet zur Moschee. Dazwischen gibt es für uns beide Abendessen aus einer Schüssel vor dem Fernseher. Später sitzen wir noch am offenen Feuer vor dem Haus. Was für ein Finale für diesen Tag.


Bäume und Piste
Piste

Angekommen in Canjabel
Angekommen in Canjabel

Teekühlung am Morgen
Teekühlung am Morgen

Meine Gastgeber in Canjabel
Meine Gastgeber


Bohnen-Brot in Fulacunda Offline in der Christmette
Dienstag, 24. Dezember 2024, Heiligabend: Canjabel - Fulacunda - Buba (54 km)

Selten so gut geschlafen wie auf dem Schaumstoff von Ousmane in Canjabel. Überhaupt hole ich Schlaf aus dem ganzen Jahr nach. In dieser Nacht sind es mal wieder neun Stunden. Gegen sechs Uhr ist Ousmane zum Morgengebet gegenüber in die Moschee gegangen.
Als ich mich im Halbdunkel aus dem Schaumstoff erhebe, brennt ein Feuerchen, das in einer sich dahin ziehenden Zeremonie dem Teekochen dienen wird. Kein Autolärm, ganz wenige Motorradtaxifahrer, ein paar Fahrräder. Die Batterien im Transistorradio sind runter, sodass es keine weiteren Christmas-Evergreens auf Kreolisch - wie gestern Abend - zu hören gibt. Die Solarzelle auf dem Dach ist winzig und speist nur ein paar schwach glimmernde Glühbirnen. Allerdings stehen schon neue Stromspannungsmasten vor dem Haus. Bald wird Strom im Überfluss da sein.
Neben dem Tee gibt es die Reste vom gestrigen Fischreis zum Frühstück. Ousmane putzt alles weg. Und wieder freut er sich darauf, irgendwann im neuen Jahr mit mir über WhatsApp direkt in Deutschland zu telefonieren (wozu es auch tatsächlich kommt). Aktuell schwächelt allerdings das Internet. 
In aller Ruhe breche ich auf. Einer meiner seltenen Homestays. Es war sehr angenehm. Wie auch zunächst der Heiligabend-Morningride. Eine traumhafte Piste durch vielfältige Baumlandschaft, begeisterte Kinder, hier und da einheimische Radler. 
Sehr nette Pause in Fulacunda. Sandwich mit Mayo und Bohnen, Kaffee, frittiertes Maniok. 
Jetzt beginnt der Parque Natural das Lagoas de Cufada. Es bleibt so schön wie vorher. Einer meint, es gebe viele Schimpansen hier. Ich bekomme keinen einzigen zu Gesicht. 
Ein paar Kilometer vor dem Zielort Buba macht die Bromptontasche einen Ruck. Der Block an dem sie unterhalb des Lenkers hängt hat sich halb gelöst. Das ist ein ganz schlechtes Zeichen. Ich experimentiere mit der Tasche auf dem Gepäckträger, hänge sie schließlich für die letzten Kilometer über die Schulter. Keine Dauerlösung.


Insekt an Rad
Furchtlos

Fulacunda: Imbiss
Fulacunda: Imbiss

Grüßender Radler
Grüßender Radler

Bromptontasche auf dem Gepäckträger
Bromptontasche muss auf den Gepäckträger

Parque Natural das Lagoas de Cufada
Parque Natural das Lagoas de Cufada


Rio Grande de Buba Die wunderschöne Pousada Bela Vista erreiche ich noch gut am Ende des Ortes Buba. Ein Kind versucht wohl kurz vor dem Ziel, mir eine kleine Wasserflasche aus dem Außennetz der Tasche zu fischen. Trotz Weihnachtskulturtagen in dem überwiegend muslimischen Ort, bin ich der einzige Gast in der gepflegten Anlage. Ich bekomme eine schöne Rundhütte. 
Nach Wäsche, Schlaf und anderen Checks widme ich mich der Taschenaufhängung. Die obere von zwei Schrauben ist abgebrochen, obwohl ich das Maximalgewicht von zehn Kilogramm nicht überschritten habe. Die Piste war im Großen und Ganzen auch sehr smooth. Den Rest der Schraube werde ich wohl vorest kaum aus der Fassung bekommen. Ich versuche es mit einer neuen Konstruktion auf dem Gepäckträger. Die Tasche soll nun längs darauf stehen, damit ich halbwegs ungestört auf den Pedalen trampeln kann.
An der kleinen unauffälligen Kirche Santa Cruz kann ich Padre Bartolomeo entdecken. Er wird um 20 Uhr mit der Christmette am Start sein. Vorher pilger ich noch zurück zur Kreuzung am Ortsrand, wo tatsächlich ein dreitägiges Musikfestival ansteht. Bier bekomme ich nirgends und ein richtiges Restaurant kann ich auch nicht entdecken, Wlan noch weniger. Einer ist bereit, mich eine Nachricht an Miri über WhatsApp schreiben zu lassen. Aber die deutsche Nummer akzeptiert sein Smartphone nicht. So bleibe ich unerwartet über Weihnachten mehrere Tage hintereinander offline.
Die Weihnachtsfeier in der Kirche ist brechend voll. Ich gehöre zu den Allerältesten. Außer der Puppe in der Krippe, bin ich der einzige Weiße. Der Chor ist mal wieder klasse, Stille Nacht ist - in welcher Sprache auch immer - letztlich doch ein deutsches Lied. Die Stromausfälle passen auf Dauer doch nicht zur Liturgie. Vielleicht sind sie auch eine Sparmaßnahme, hauptsächlich während der Predigt. Padre Bartolomeo sammelt am Ende Geld für eine größere Kirche. 
Mit dem Mototaxi lasse ich mich noch einmal zur Festival-Location an der Kreuzung bringen. Bier finde ich immer noch nicht, live tritt hier niemand auf, ich lasse mich direkt wieder auf dem selben Motorrad zurück bringen. 


Brompton: Taschenhalter abgebrochen
Taschenhalter abgebrochen

Pousada Bela Vista
Pousada Bela Vista

Brompton: Schraubenrest in der Fassung
Schraubenrest in der Fassung

Christmette in Santa Cruz, Buba
Christmette in Santa Cruz

Buba: weißes Kind in der Krippe
Weißes Kind in der Krippe

Buba: Musikfestival an Weihnachten
Musikfestival

Sonnenaufgang am Rio Grande de Buba
Sonnenaufgang am Rio Grande de Buba


Brompton-Tasche jetzt längs auf dem Gepäckträger Jens kostenlos
Mittwoch, 25. Dezember 2024, 1. Weihnachtstag: Buba - Grenze Guinea-Bissau/Guinea - Fähre Rio Kogon - Boké (140 km)

Das Frühstück bekomme ich als nach wie vor einziger Gast geschenkt. Die rumänische Gastgeberin lebt seit 40 Jahren hier. In Brașov (Kronstadt) hat sie ihren Mann aus Guinea-Bissau kennen gelernt. In Brašov haben sie inzwischen auch ein Sommerquartier, wenn hier Regenzeit ist.
Die Aufhängung der Bromptontasche habe ich noch optimiert, auch die Wasserflaschen sollen endlich halten. Die ersten 26 Kilometer sind asphaltiert. An der Abzweigung zur Grenze in Mampata genehmige ich mir ein weiteres Frühstücks-Omelette.
Jetzt kommt Piste. Letztlich sehr viel länger als gedacht. Anfangs geht es munter voran. Ich versuche Abschied zu nehmen von der Branco-Begeisterung der Kinder, dem ganzen scheinbar wohl geordneten Leben in den Dörfern. Sie strahlen eine große Gleichheit aus. 
Ich werde von Anwohnern hingewiesen auf den schmalen Fuß- und Motorradweg, der von der Piste zur Grenze abzweigt, Nichts deutet darauf hin, dass es hier einen internationalen Grenzübergang gibt. Unter einem Baum, etwa anderthalb joKilometer vor der Grenze, gibt es den Ausreisestempel. Ich frage, nach wie vielen Kilometern ich den Einreisestempel bekomme. Der Grenzbeamte meint 14 Kilometer, am Ende sind es genau 20 Kilometer plus eine Fährfahrt. 
Der Pfad führt durch Wald und Wiesen und auf Holzstegen über Wasser. Ein Traum. Plötzlich taucht ein kleiner Ort auf mit Guinea-Soldaten. Ich werde registriert. On parle français. An beiden Grenzstationen berichten sie mir von zwei Europäern, die unabhängig voneinander vor mir heute schon über die Grenze gereist sind. Ich sehe in den Listen ihre Namen und ihr Alter: Tommy und Jens, 23 und 20 Jahre. 
Zehn Kilometer hinter der Grenze - die Strecke ist sehr mühsam zu radeln - führt der Weg ans Flussufer des Kogon (Cogon). Eine wackeliges Holzboot, in das kräftig Wasser eindringt, befördert offenbar Fahrgäste. Zunächst zwei Motorräder samt deren Besatzung. Das Boot treibt zunächst etwas mehr als gewollt flussabwärts, landet aber doch am anderen Ufer. 


Zweites Frühstück in Mampata
Zweites Frühstück in Mampata

Grenzpfad zwischen Guinea-Bissau und Guinea
Grenzpfad zwischen Guinea-Bissau und Guinea

Ausreise aus Guinea-Bissau
Ausreise aus Guinea-Bissau

Pisten-Grenze
Pisten-Grenze


Mädchen wäscht im Fluss Auftritt Jens. Der Däne springt von einem Lkw, setzt sich mit seiner Kamera abseits, spricht mit niemandem. Ein Motorradfahrer verhandelt für mich, der ich noch kein Guinea-Geld habe. Für den vergleichsweise hohen Preis darf ich immerhin Jens mitfahren. So komme ich mit ihm ins Gespräch. Er reist mehr oder weniger zusammen mit Radler Tommy, hat aber selbst kein Rad mehr. Er versucht kostenlos zu trampen. Er hat Geld gewechselt in einem kleinen Supermarkt am Wegesrand. Zu einem etwas besseren Kurs als im Internet: 1:14. 
Jens sehe ich etwa 50 Kilometer lang immer wieder. Wir überholen uns vielfach gegenseitig. Er möchte partout umsonst mitgenommen werden. Die Motorräder sind aber so gut wie alle Taxis. Ein Kauz. Übernachten will er immer im eigenen Zelt, das er am liebsten bei Leuten im Garten aufstellt. Der Bürgerkrieg im Sudan treibt all die, die vom Norden durch Afrika nach Kapstadt wollen auf die Westseite des Kontinents.
Der Vorbote eines besseren Weges ist ein Landvermessungstrupp unter chinesischer Leitung. Rund 40 Kilometer hinter der Grenze taucht dann ein Straßenbaulager auf. Von nun an kann ich vielfach auf der für Asphalt vorbereiteten Piste fahren. Die Hitze hat mir zu schaffen gemacht, jetzt droht Dunkelheit. Die letzten sechs Kilometer radle ich im Smartgphone-Lichtschein. 
Das erste Hotel in Boké ist leider von Ohren betäubendem Lärm umhüllt. Die Tochter des Hoteliers heiratet. Noch vor der Ankunft des Brautpaares läuft die Musik auf Hochtouren. Ich fahre noch zwei, drei Kilometer weiter in den Ort. Die Geldautomaten sind alle außer Betrieb wegen einer landesweiten Netzstörung. Muss ich in dem überteuerten runtergekommenen Hôtel Rio Nunez mühsam verhandeln. Nach 140 Kilometern, davon hundert Kilometer Piste, zwei Grenzkontrollen, einer Fährfahrt, Fahrt in der Dunkelheit bin ich restlos im Eimer. Kann mich nicht mehr aufraffen rauszugehen.


Bei Kandiafara
Bei Kandiafara

Fähre Rio Kogon
Rio Kogon: Fährfahrt

Jens walking
Jens walking

Boké: rio Nuñez
Boké: rio Nuñez


Boké: Erinnerung an Sklavenhandel Joyeux Noël!
Donnerstag, 26. Dezember 2024, 2. Weihnachtstag: Boké - Boffa (117 km)

Ich schlafe hervorragend in dem katastrophalen Zimmer. Das mir am Morgen gar nicht mehr so katastrophal erscheint. Vor allem bin ich glücklich, hier geblieben zu sein. Das Zentrum ist noch ein bisschen entfernt. Der Geldautomat der Vista Bank scheint am Morgen zu funktionieren. Geld bekomme ich trotzdem nicht. Die wachenden Soldaten an der Bank empfehlen einen Geldwechsler, der ab acht Uhr aufhabe. Ich lasse mir erstmal einen Kaffee brauen. Nescafé natürlich.
Bis acht bin ich vom Museum neben dem Hotel den 'Sklavenstufen' hinunter zum Rio Nuñez de Boké gefolgt. Über Stock und Stein stakse ich zum Ufer, wo ein Gemälde an den Sklavenhandel erinnert. Ein Fischer legt ab, ein anderes Boot bringt jemanden vom anderen Ufer herüber und etwas oberhalb der Anlegestelle stochern Schwein und Hahn im Müll. 
Beim Geldwechsler kann ich tatsächlich 20.000 CFA, rund 30 Euro, tauschen - zu einem noch besserenn Kurs als Jens gestern an der Grenze (1:14,2). Die Stadt bietet nicht so viel, wie erhofft. Immerhin kann ich eine SIM-Karte erstehen. Auch wenn ich gleich vor der geringen Netzabdeckung des Betreibers gewarnt werde. Trotzdem gelingt es mir mit der Zeit, Weihnachts-Lebezeichen zu senden. Tut gut. Alles andere schlägt fehl. 
Ein ganz anderes Fahrgefühl heute auf Asphalt. Alles geht leicht von der Hand und aus den Beinen. Den Sattel hab ich ein bisschen niedriger geschraubt, sodass ich bequem auf den Versen stranpeln kann und die Schuhe somit nicht ständig an die Tasche kommen, die erstaunlich stabil auf dem Gepäckträger bleibt. 


Orangen-Pyramiden am Straßenrand
Orangen-Pyramiden


Brückenblick Die Landschaft wirkt weiter heute. Es geht angenehm auf und ab, vor allem habe ich jede Menge Rückenwind. Um 14 Uhr ist es mal wieder so heiß, dass meine Kräfte extrem nachlassen. Ich torkel in die Pausenstelle. Ein kleiner Laden, vor dem die Betreiberin zur Freude ihrer Tochter Essen stampft. Ich frag bald, ob ich mich hinlegen darf und bekomme gleich eine Matte und Decke samt Kopfkissen ausgerollt. Es wird die einzige echte und damit unvergessliche Mittagspause der Tour bleiben. Zwei Stunden später radle ich gut erholt weiter.
Kleiner Schreck: Ein Reifen platzt direkt vor mir an einem Van. Aber er rollt harmlos an den Straßenrand. Die niedrigen Geschwindigkeiten, mit der die meisten hier fahren, erhöhen die Sicherheit.
Das Hotel Rio Pongo am Ortsrand von Boffa ist nicht genau dort, wo Google Maps es vermutet, aber es ist genau die angenehme Location eines entspannten Motels, auf die ich gehofft hatte. Und zahlen in CFA kann ich auch, denn ich konnte immer noch nicht richtig wechseln.
Ein Abendspaziergang führt mich bis zum Hafen am Rio Pongo, wo die jungen Fischer ihre Netze in die Boote gleiten lassen. In der Ferne sind ringsherum riesige Container-Schiffe und -Kräne zu sehen. Dort hat eine andere Zeit begonnen. So wie an den Übergängen der Bahnstrecke, wo chinesische Chefs die Kommandos geben zum Ausbau der Infrastruktur. Von den chineischen Straßenneubauten die ich quere, weiß nicht mal Google Maps. Ich bin bereits an der Grenze des Bereichs der Karte, den ich herunter geladen hatte. Nicht ahnend, dass ich derart lange offline sein würde. Mal sehen, wie es weiter geht. 
Auf dem Rückweg kaufe ich zu vergleichsweise horrenden Preisen eine Joghurt Flasche und eine Guinness-Dose. Bier ist seit Tagen so gut wie unauffindbar. Einerseits möglicherweise muslimisch verpönt, andererseits für die meisten sowieso unerschwinglich. Jetzt also Guinness in Guinea. Joyeux Noël!


Abendstimmung im Hafen von Boffa am Rio Pongo
Abendstimmung im Hafen von Boffa am Rio Pongo

Sonnenaufgang über dem Rio Fatala
8 Uhr 01: Sonne ist aufgegangen


Blick auf den Konkouré Das Fernradler-Paar, das nach Nepal wollte
Freitag, 27. Dezember 2024: Boffa - Conakry-Sanoyah (126 km) 

Als ich nachts wach werde, kann ich über meine SIM-Karte plötzlich ganz normal Surfen. Unglaublich. Seit Tagen zum ersten Mal richtig im Internet. Am Dringensten: der Download der Offline-Karten von Google Maps. Denn da müsste ich ab jetzt im Blindflug radeln. Um halb sechs geht der Strom weg und damit ist die ganze Internetherrlichkeit dahin. Ich konnte jede Menge erledigen.
Heute geht es wirklich früh los, so früh wie bisher noch nie auf dieser Tour. Die Sonne geht inzwischen auch ein bisschen früher auf und um sieben Uhr sitze ich im Sattel. So kann ich die kühlere Luft am Morgen nutzen. Obwohl heute das Wetter klarer ist als gestern, wird es nicht ganz so heiß. 
Je näher ich dem Großraum der Hauptstadt Conakry komme, wird die Straße umso schlechter. Immer länger werden die Asphaltlücken. Bis alles nur noch Baustelle ist. Mühsam. 


Streetfood
Streetfood

Streetfood-Produzentin
Streetfood-Produzentin

Endlich Berge
Endlich Berge


Mit Inger und Aurelia, niederländisch-französisches Paar Als gerade für die letzten Meter bis zum Stadtrand das neue Asphaltband begonnen hat, lockt links an einer Tankstelle das erste Fastfood-Restaurant seit Ewigkeiten. Hin! Während ich mein Rad abstelle, entdecke ich zwei weitere, ähnlich eingedreckte Tourenräder.
Inger und Aurelia, ein junges niederländisch-französisches Paar, sind in der Gegenrichtung unterwegs. Eigentlich wollten sie nach Nepal, doch in Albanien habenn sie umgeswitcht, sind mit der Fähre nach Bari und mit Ethiopian Airlines nach Abidjan gereist. Allerdings sind sie nicht auf meiner geplanten Route durch Liberia und Sierra Leone geradelt, sondern mangels entsprechender Visa direkt von der Elfenbeinküste nach Guinea. Nun soll es gegen den Nordostpassat nach Europa gehen. Sehr nett, die beiden, und es tut soooo gut sich mal auszutauschen. 
Die beiden haben mich auch bestärkt, die Hauptstadt-Halbinsel Conakry rechts liegen zu lassen und beim Abzweig, dem Échangeur du kilomètre 36, weiter Richtung Süden zu fahren. Bald kommt das von mir avisierte Hotel Fassia Guest House. Es ist ganz ok und ein weiteres Mal kann ich mit CFA zahlen. Und, o Wunder, es gibt Wlan. 


Sonnenaufgang auf der N1 bei Conakry
Sonnenaufgang auf der N1 bei Conakry


Mädchen mit Teigtaschen Mega-Konzert ohne Bier, Tanz und Leute
Samstag, 28. Dezember 2024: Conakry-Sanoyah - Conyah - Pamélap - Grenze Guinea/Sierra Leone - Kambia (105 km)

Es scheint eine leichte Etappe zu werden, zumindest verglichen mit den letzten drei. Und tatsächlich fliege ich heute über die Hügel mit über 20 Stundenkilometern im Durchschnitt. Die Straße ist tippitoppi. Im vergangenen Jahr wurde sie feierlich eröffnet, wie ein Schild am Straßenrand verrät. Anfangs ist sogar der Randstreifen auf einer Ebene mit dem Asphalt.
Eine ganze Weile ist der Verkehr noch recht stark. Zur Grenze hin kommt er fast zum Erliegen. Umso lauter sind die Kinder wieder zu hören: Foté rufen sie in Guinée zu den Weißen. Es stammt aus der Sprache der Mandinka bzw. Malinke, einer der größten ethnischen Gruppen in der Region.
Ich verzichte erstmals wieder auf Diclofenac. Damit habe ich seit Heiligabend meinen linken Daumen und den rechten Oberarm behandelt. Wegen leichter Schmerzen beim Lenken.
Wie meistens vor Grenzen spüre ich eine gewisse Anspannung. Aus den Tiefen der Brompton-Tasche habe ich die Grenz-Dokumente hervorgeholt. Geld wechseln soll man auf dieser Seite der Grenze im Grenzort Pamélap. Das sei 'einfach' habe ich gelesen. Und genau das lässt mich leichtsinnig werden. Dazu die Erschöpfung nach 95 Kilometern und die Mittagshitze. Drei Geldwechsler stürzen auf mich ein. Ich bitte darum, nur mit einem zu verhandeln. Immerhin: einer geht. Nach Verhandeln ist mir gar nicht.
Ich akzeptiere den erstbesten Kurs für meine Euros. In etwa ist es eigentlich der Dollar- und nicht der Eurokurs, den ich am Morgen noch gegoogelt habe. Ich bin aber überglücklich, dass ich Euro wechseln kann. Letztlich habe ich in Guinea nie ausreichend Geld gewechselt, weil ich die Hotels in CFA bezahlen konnte. Das will ich nicht fortsetzen. Ich zähle das Geld noch nicht mal nach. Es ist ein dicker Packen. Genau 225 Zehner-Scheine sollten es sein. Sie landen in einer nunmehr prallen Hosentasche.


Kilometerstein an der RN 4: Conakry 90 Kilometer
90 Kilometer südlich von Conakry

Orangenstand
Orangenstand

N4 bei Farmoreya, Guinea
N4 bei Farmoreya, Guinea


One-stop-border Guinea/Sierra Leone Schwieriger ist es, meine restlichen Guinée-Francs auszugeben. Umgerechnet sind es etwa sechs Euro. Ich kaufe Brot, Eier und Softdrink um Softdrink - das Geld will nicht weniger werden. Endlich bin ich bei Null und radle zur Grenze weiter. Surprise: eine One-Stop-Border, gesponsert von der EU, so wie die Straße zur Grenze.
In einem lang gestreckten Gebäude gehe ich samt Faltrad zur Emigration von Guinea, wo überraschend noch mal das Visum verlangt wird. Danach beginnt der Bereich von Sierra Leone mit der Frage des Arztes nach meiner Geldfieber-Impfung. Ich sage, ich hätte doch ein Visum, weil ich keine Lust habe den Impfausweis aus der Tasche zu holen. Das funktioniert. Mit dem Visum-Schrieb bekomme ich am nächsten Fenster den Einreisestempel von Sierra Leone. 
Dann folgen noch einige gespannte Seile, die sich für mich aber alle wie von selbst senken. So nehme ich das Straßengebührenhäuschen nicht wahr,  wo gegenüber SIM-Karten verkauft werden sollen. Das versuche ich dann auf dem Marktplatz von Kambia, rund zehn Kilometer hinter der Grenze jenseits des Great Scarcies River. An einem mobilen Orange-Stand wird im Gegensatz zu Guinea diesmal wieder eine Passregistrierung verlangt. Die funktioniert erst beim zweiten Mal. Dazu buche ich 2,6 GB. Mal sehen wie lange das hält.
Ein paar Meter weiter ist das Africana Village Hotel mit seinen Hütten. Es dauert etwas, bis eine für mich sauber gemacht ist. Denke ich. Aber irgendwie passiert gar nichts. Ganz am Ende des schönen Geländes hockt hinter Gittern die von einer Malaria-Erkrankung gezeichnete alte Dame des Hauses. Sie forciert die Säuberung eines Zimmers für mich. Erst dort zähle ich meinen dicken Geldstapel: Ja, es sind 225 Zehner-Scheine. Alles korrekt.
Die Hotelbediensteten tragen zum Teil T-Shirts mit der Aufschrift '28. Dec. 2024 - Africana Village Hotel Kambia'. Das ist hier und heute. Es ist der große Partytag des Hotels offensichtlich.
Schon fährt ein Truck, beladen mit Boxen, zum Soundcheck vor. Ohren betäubender Lärm direkt vor meiner Hütte, wo rund hundert Stühle in Reih und Glied aufgestellt werden. Wo sollen die Leute herkommen? Dazu gibt es nicht mal Bier, weil irgendjemand in der Küche heute nicht zum Arbeiten gekommen ist. Ein Chinese begrüßt mich freundlich, hofft auf meine Begleitung beim Abendessen. Ansonsten alles local guests in dem tatsächlich ausgebuchten Hotel.
Jedenfalls: von 21 Uhr bis drei Uhr bebt mein Bett von den Techno-Bässen direkt neben meiner Beton-Hütte. Der einzige Titel, den Shazam kennt, ist Matimba von Afro Panico. Ab und zu schaue ich durch eine Lücke im Fenster: mehr als zehn Personen sehe ich dort nie. Und die sitzen wie gelähmt. Niemand tanzt. 


Orange: Sim-Card-Kauf und -Installation in Kambia
Orange: Sim-Card-Kauf und -Installation in Kambia

Kambia: Africana Village Hotel
Kambia: Africana Village Hotel

Steckdosen-Adapter in Sierra Leone
Sierra Leone: Steckdosen-Adapter wird erstmals gebraucht


Frühstück im Africana Village Hotel Rundum glücklich in Sierra Leone
Sonntag, 29. Dezember 2024: Kambia - Port Loko (55 km)

Um halb acht soll das Frühstück starten. Tassen mit je einem Teebeutel des Labels 'Lebest Quality Ceylon Tea' sind gedeckt. Irgendwie ist noch kein Brot geliefert. Mich wundert eh, dass bei einem Übernachtungspreis von zehn Euro noch ein Frühstück abfällt. Im September haben wir in Frankreich pro Person deutlich mehr als zehn Euro allein für das Frühstück pro Person gezahlt. Der Strom ist weg, das Internet via mobile Daten ist weg. Immerhin ist das ein Thema bei den anderen Hotelgästen, dass selbst Orange heute Morgen die Grätsche gemacht hat. 
Ich lasse es ruhig angehen. Ich könnte 166 Kilometer radeln oder nach 55 Kilometern in Port Loko übernachten. Um halb neun soll ein katholischer Gottesdienst starten. Allein: das Gelände ist so abgesperrt wie gestern Abend. Die Nachbarinnen deuten an, im Nachbarort, dem eigentlichen Kambia, sei wohl ein Gottesdienst. Ich gehe noch bei der evangelischen Kirche vorbei. Da wird schon einiges vorbereitet, es beginnt aber mit der Sunday School.
Also nehme ich ein Mototaxi. Der Fahrer behauptet zwar, er wisse wo die Catholic Church sei. Sie ist aber woanders. Eine sehr schöne Anlage, aber es geht erst in einer Stunde los. Das ist mir zu spät. 


Mädchen an der Wasserpumpe in Kambia
Mädchen an der Wasserpumpe in Kambia


Maniok am Straßenrand Die Tour ist easy. Die Leute sind freundlich. Die Kinder rufen etwas neues, aber ich verstehe es nicht. Wieder ein paar Brücken über schöne Taler. Ruckzuck bin ich am Ziel. Wo die Pfingstler*innen immer noch einer Predigt lauschen.
Gegenüber der katholischen Kirche ist ein Hotel, das mich aber nicht aufnehmen möchte: 'We have problems with the lights.' Also bleibt das vorrecherchierte MJ-Hotel. Das hat abends sogar Bier. Nur keinen Öffner. Wozu hab ich ein schweizer Taschenmesser dabei? Es gibt auch was zu feiern: Dank Miris Neffe Luis hab ich wieder Zugang zu meiner Homepage. Die ist zuletzt auf den Kapverden aktualisiert worden. 
Im Hotel gibt es sogar Bier. Mützig heißt die Marke. Lager Beer. Man versichert mir, es sei sowohl Deutsch als auch lokal. Es ist tatsächlich eine Marke aus dem Elsass, die auch in Afrika in Lizenz gebraut und abgefüllt wird. In Afrika ist es eines der populärsten Biere. Die Marke gehört Heineken.
Manu ist Niederländerin und hier im Auftrag der Leipzgier NGO 'Forikolo - Schulen für Sierra Leone' für drei Monate eingesetzt. Heute Morgen hat die Atheistin einen vielstündigen Gottesdienst überstanden und am Abend ist sie immer noch mit Notebook und Locals zugange. Ihr mobiles Modem ermöglicht mir, endlich meine Homepage zu aktualisieren. Meine Orange-SIM-Karte bewegt hier nicht viel. Im Süden von Sierra Leone soll das besser sein, versichert mir Manus lokaler Kollege Abdul Rahman, der auch noch ein paar gute Hoteltipps für die nächsten Tage hat.
Bier, Homepage, die nette Gesellschaft und irgendwie der super Start in Sierra Leone lassen mich rundum glücklich sein. 


Dorf im Regenwald
Dorf im Regenwald


Port Loko: Nebel am Morgen Warten an Karims Radladen
Montag, 30. Dezember 2024: Port Loko - Lunsar - Fähre Rokel River - Yonibana (98 km)

Nebel. So feucht und dicht, dass es tröpfelt. Und bald glänzt auch mein ganzer Arm von feinen Wasserkügelchen. Eine sehr schöne Atmosphäre durch den so noch stilleren Morgen zu gleiten. 
Ich könnte 115 Kilometer auf dem 'Highway' bleiben. Aber es sprechen ein paar Argumente für die 15 Kilometer kürzere Strecke über Lunsar. Dort soll es den besten Radladen Westafrikas geben und nach dem Ort kommen 36 Kilometer Piste mit dem Rokel River dazwischen - ohne Brücke natürlich. 
Also biege ich schon nach 16 Kilometern in Rogberi (wo ich mit hundert Kilometern Entfernung der Hauptstadt Freetown am nächsten komme) ab zum noch einmal 16 Kilometer entfernten Lunsar. Karims berühmter Radladen ist auf Google Maps nicht an der richtigen Stelle lokalisiert, was mir eine Ehrenrunde durch den Ort beschert. Zurück an der Hauptkreuzung hat der Laden noch zu. Auch nach meinem ausgiebigen Bohnen-Gurken-Salat-Frühstück.  Zu dem ich das typische kleine Wasserbeutelchen trinke - hier von der Marke mit dem schönen Namen 'Afrilosophy'. Ich könnte ein paar Kleinigkeiten am Rad richten lassen, aber Warten auf Karim erscheint mir zu ungewiss.


Mamansu: Ufer des Rokel
Mamansu: Ufer des Rokel

Radler auf der Piste bei Lunsar
Auf der Piste bei Lunsar

Brompton in Einbaumfähre auf dem Rokel
Einbaumfähre auf dem Rokel


Feuchtgebiete Also weiter. Am Ortsrand türmen sich Halden einer Mine. Die Security verweist mich auf die teils recht rumpelige Piste. Die Mototaxifahrer in Lunsar hatten mir eh die Straße empfohlen. Es ist unglaublich schön. Die Natur, die Vielfalt der Bäume und Gewässer, die Anpflanzungen, die kleinen Dörfer.
Immer noch werde ich von kleinen Kindern gefeiert. Hier im Norden bin ich im Gebiet der Temne. In ihrer Sprache werden die Weißen 'Orpotho' beziehungsweise 'Opoto' genannt. Im Süden werde ich durch das Gebiet der zweiten bestimmenden Ethnie von Sierra Leone kommen, die Mende. In ihrer Sprache werden Weiße 'Pumui' genannt. Aber jenseits der Anfangsbegeisterung sind Kinder und Jugendliche in Sierra Leone sehr viel distanzierter und ängstlicher mir gegenüber als in den anderen Ländern bisher. Einmal flüchtet ein Mädchen vor mir von der Piste als sich abzeichnet, dass wir uns mehr oder weniger allein begegnen würden. 
Auch Fotos finden deutlich weniger Begeisterung. Ein Beisitzer auf einem Motorradtaxi schlägt mir bei laufender Fährt und laufendem Vidéo die Kamera aus der Hand. Die Insassen des Einbaum-Kanus am Rokel River bestehen darauf, dass ich das Video von ihrem Anlegen lösche. Leider ist es damit endgültig gelöscht. Dann werde ich allein mit meinem Faltrad hinüber gerudert. Ein Traum. Der Kapitän will nur gefragt werden, ob er mit einer Aufnahme einverstanden ist. 
Das allseits empfohlene G-Complex-Hotel taucht schon am äußersten Rand von Yonibana auf. Da ich von Strecke und Sonne, die sich irgendwann dann durchgesetzt hat, geschafft bin, sehe ich heute nix mehr von der Stadt.


Pannengrund Draht
Pannengrund Draht

Reifenflicken am Morgen im Hotel
Reifenflicken am Morgen im Hotel

Fehlende Speiche
Fehlende Speiche


Brücke über den Fluss Tai Muslimisch-libanesische Neujahrsparty mit Johnny Walker
Dienstag, 31. Dezember 2024, Sylvester: Yonibana - Bo (S.L.) (106 km)

Beim Zubettgehen stelle ich fest, dass das Hinterrad platt ist. Keine schöne Aussicht für den Morgen. Da ich schon vor sechs Uhr wach bin, stehe ich auf. Schließlich gibt es bis sieben Uhr Licht, denn solange soll der Hotel-Generator laufen. Zusätzlich helfen Handylicht und Lesebrille. Die Stirnlampe lässt sich irgendwie nicht laden.
Die Ursache für den platten Reifen ist schnell gefunden: ein Draht steckt im Mantel. Das ist ruckzuck geflickt, aber eine der Tücken des Brompton ist der enge Mantel. Beim Aufziehen produziere ich zwei neue, größere Löcher im Schlauch.
Ich brauche eine Pause. Mit Mega Kola und ein paar Keksen vom Kiosk nebenan gibt's Frühstück. Ich versuche, die Löcher mit länglichen Flicken zu schließen. Das gelingt. Ein junger Mann vom Hotel hat sich zu mir gesellt und beobachtet meine Reparatur, versucht zu helfen. Wie sich am Ende herausstellt, will er das Zimmer machen. Das von mir gebrauchte Laken wird dazu einfach gerade gezogen. 
Irgendwann ist alles wieder installiert. Doch bevor ich die Tasche wieder auf dem Gepäckträger positioniere, entdecke ich, dass das Hinterrad eiert: vier Speichen sind gebrochen. Das sind sehr viele. Ich müsste dringend an den verbliebenen Speichen arbeiten, am besten die fehlenden ersetzen. Da ich nicht das passende Werkzeug dabei habe, kann ich nix machen. Auch Yonibana scheint nichts Hilfreiches zu bieten.
Immerhin bekomme ich an der zentralen Kreuzung ein zweites Frühstück mit Nescafé und Sandwich. Erst um viertel nach zehn radle ich richtig los. Es läuft wieder super. Rückenwind. Wenig Verkehr. Seit der Grenze hat der 'Highway' durchgehend die gleiche gute Qualität. Und keinerlei Markierung. Das verstärkt immer das Gefühl, mitten durch die Natur zu fahren. Auch heute ist die Landschaft etwas weiter einzusehen, hier und da stehen ein paar Berge rum. Dazu mehrere Flussüberquerungen auf Brücken. Einer ist zur Abwechslung mal schlammig braun. 


Fahrradmechaniker in Taiama
Fahrradmechaniker in Taiama


Waschen und Baden im FlussPause in Taiama. Ein kleiner Ort. Aber direkt an meinem Pausenplatz repariert Jonathan Talker Fahrräder. Schrotträder, würden wir sagen. Aber man kann damit dann wieder radeln. Jonathan leiht mir einen Speichenschlüssel, 'Spoke Key' wie ich lerne, und eine Zange. So kann ich immerhin die Reste der kaputten Speichen entfernen. Als ich ihm erzähle, ich wolle jetzt noch mit seinem Werkzeug vier Speichen vom Vorderrad ins Hinterrad einbauen, meint er, ich solle doch neue Speichen in Bo kaufen, meinem heutigen Zielort. Noch 50 Kilometer entfernt. Ich staune, kann mir angesichts des sehr begrenzten Warenangebots nicht vorstellen, dass ich neue Speichen in meiner Größe kaufen kann. Naja, Bo ist nach der Hauptstadt Freetown immerhin die zweitgrößte Stadt des Landes. Er nennt mir noch eine Straße, in der der allerbeste Fahrradladen sein soll.
Am Ziel angekommen, frage ich in meinem Dohas-Luxushotel samt Swimmingpool gleich nach dem besten Radladen der Stadt. Irgendwie soll der ungefähr da sein, wo auch Jonathan Talker ihn lokalisiert hat. Also radel ich gleich wieder los. Es sind gut drei Kilometer in die Stadt.
Ein paar Läden verkaufen auch Fahrräder. Ich frage nach Ersatzteilen und werde in den Markt geschickt. Auch dort ist man sehr hilfsbereit, aber passende Speichen gibt es nicht. Irgendeiner führt mich zur Open Air Werkstatt von Peter. Der hat viele Leute und irgendwoher tauchen auch ein paar Speichen auf und alte Räder zum Ausschlachten. Nix passt.
Ein Mitarbeiter führt mich nochmals zum Markt. Der Kreis schließt sich. Ich bin jetzt bereit, ein neues Kinderrad zu kaufen, um die Speichen dort auszubauen. Das gleiche Problem: es gibt immer wieder zwei verschiedene Modelle. Beim einen sind die Speichen ganz knapp zu kurz, bei den anderen deutlich zu lang.
Zurück zur Open Air Werkstatt. Inzwischen fehlen allerdings sieben Speichen auf der linken Seite meines Hinterrads. Ich lasse jetzt tatsächlich vier Speichen vom Vorderrad umbauen nach hinten. Das geht erstaunlich schnell. Und alle Speichen werden nachgezogen. Wie lange es hält, wird das neue Jahr zeigen. 
Das wird im Hotel von und mit Libanesen an einem libanesischen Buffet erwartet. Alles ist muslimisch angehaucht. Bier steht daher nicht auf der Speisekarte. Man kann aber Bier der Marke Star bestellen. Es wird dann extra in einem Laden geholt. Das dauert, ist aber eiskalt. Prost, Sylvester!
Eine Viertelstunde vor Mitternacht ist das Eis gebrochen. Ich habe zu den wenigen westlichen Musiktiteln auch ein bisschen getanzt und werde bei nächstbester Gelegenheit von ein paar Männern herübergeleitet zu den anderen Tänzerinnen. Um Mitternacht läuft dann überraschend 'Happy New Year' von Abba. Jetzt werde ich richtig an die gegenüber liegenden Tische geladen. Am Nebentisch der libanesischen Gesellschaft haben sich Ägypter, Syrer und andere Nordmenschen versammelt. Einer hat eine Flasche Johnny Walker, von der ich auch angeboten bekomme. Happy New Year!


Pool im Dohas Hotel, Bo
Pool im Dohas Hotel, Bo

Bo: Diamanten-Handel
Diamanten-Handel

Speichen-Analyse mit Kind
Speichen-Analyse mit Kind

Speichen-Wechsel ohne Kind
Speichen-Wechsel ohne Kind

Sylvesterdinner: Hummus mit Star-Bier
Sylvesterdinner: Hummus mit Star-Bier


Teil 2: Januar 2025
Sierra Leone, Liberia, Elfenbeinküste


Route Kapverden; Dakar - Abidjan



Blaue Linie = Touren-Route; Buchstaben = Start und Ziel der Etappen

Etappen Kapverden; Dakar - Abidjan (13.12.2024-18.1.2025)

Details mit Geschwindigkeiten, Höhenmetern etc. als Excel-Tabelle

                     
Tag Datum Start Zwischenstationen Ziel km
1. 13.12.2024 Espargos Salinas de Pedra de Lume - Espargos - Buracona - Blue Eye Cave Espargos 39
2. 14.12.2024 Diass Bargny - Sendou Toubab Dialao 37
3. 15.12.2024 Toubab Dialao
4. 16.12.2024 Toubab Dialao M'bour Fatick 104
5. 17.12.2024 Fatick Foundiougne Toubacouta 95
6. 18.12.2024 Toubacouta
7. 19.12.2024 Toubacouta Grenze Senegal/Gambia - Barra -  Fähre - Banjul - Jambanjelly Sanyang 88
8. 20.12.2024 Sanyang Brikama - Grenze Gambia/Senegal Ziguinchor 138
9. 21.12.2024 Ziguinchor Grenze Senegal/Guinea-Bissau - São Domingos - Ignoré Bula 114
10. 22.12.2024 Bula Bissau 40
11. 23.12.2024 Bissau Fähre - Enxude - Nova Sintra Canjabel 28
12. 24.12.2024 Canjabel Fulacunda Buba 54
13. 25.12.2024 Buba Grenze Guinea-Bissau/Guinea - Kandiafara - Fähre Rio Kogon Boké 140
14. 26.12.2024 Boké Boffa 117
15. 27.12.2024 Boffa Conakry 108
16. 28.12.2024 Conakry Conyah - Pamélap - Grenze Guinea/Sierra Leone Kambia 105
17. 29.12.2024 Kambia Port Loko 55
18. 30.12.2024 Port Loko Lunsar - Fähre Rokel River Yonibana 98
19. 31.12.2024 Yonibana Bo (S.L.) 106
20. 1.1.2025 Bo (S.L.) Potoru Kambam 90
21. 2.1.2025 Kambam Potoru - Grenze Sierra Leone/Liberia Bo (Lib.) 95
22. 3.1.2025 Bo (Lib.) Monrovia 131
23.4.1.2025Monrovia
24. 5.1.2025 Monrovia Kakata 74
25. 6.1.2025 Kakata Totota 59
26. 7.1.2025 Totota Suakoko - 18 km Mototaxi Gbarnga 49
27. 8.1.2025 Gbarnga Suakoko Gbarnga 40
28. 9.1.2025 Gbarnga Gampo/Ganta Sanniquellie 103
29. 10.1.2025 Sanniquellie Grenze Liberia/Elfenbeinküste Danané 79
30. 11.1.2025 Danané Man Duékoué 152
31. 12.1.2025 Duékoué Daloa 105
32. 13.1.2025 Daloa Bouaflé 83
33. 14.1.2025 Bouaflé Yamoussoukro 62
34. 15.1.2025 Yamoussoukro Pacobo 95
35. 16.1.2025 Pacobo N'Douci Sikensi 78
36. 17.1.2025 Sikensi Dabou Sassako-Bégniny 81
37. 18.1.2025 Sassako-Bégniny Abidjan 65
Summe 2925

Guinea: wieder mal eine Flussüberquerung
Guinea: wieder mal eine Flussüberquerung


Anschluss Tour 125: Abidjan - Cotonou (1297 km) 2023

Anschluss Tour 33: Casablanca - Dakar (3165 km) Dez. 2006


Nächste Tour: Que Sera!

Vorherige Tour: Stuttgart - Meran - München (1043 km) Okt./Nov. 2024


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