Die Kinderdiebe von Achbarou
Freitag, 10. Februar 2012: Tiguerna - Alnif - Rissani (110 km)
Am Ortsausgang von Achbarou (arab. أشــبـارو) steigt die Straße ein Stück (Foto links). Wir werden langsam. Zumal uns heute vom ersten Meter an heftiger Gegenwind quält. Immerhin scheint die Sonne wieder wolkenlos über der Steinwüste. Es ist halb zwölf. Wie so oft nähern sich von der rechten Seite ein paar Kinder. Stürmen auf uns zu. Bitten um Stylos, Dirham, Cadeaux. Miri ist wie meist auf dieser Tour rund fünfzig Meter vor mir. Von den zehn bis zwölf Jungs im Alter von zehn bis zwölf nähern sich zwei bedenklich meinen Fahrradtaschen. Blicken begierig. Auffällige Limo-Flaschen und andere Lebensmittel habe ich längst in die Radtaschen verbannt. Die Jungs finden anscheinend keinen Ansatzpunkt. So weit ich das beim Umdrehen feststellen kann. Vorne strecken mir andere noch ihre Hände zum Abklatschen entgegen. Weiter vorne ist Miri genauso umringt. Dann sind wir durch. Ich schließe langsam zu Miri auf. Und sehe, dass ihre linke Fahrradtasche offen ist. Und leerer aussieht als sonst. Tatsächlich: Mindestens das große Reise-Necessaire fehlt. Mit vielem Kleinzeug und Silberring und Stirnlampe und Geld und... Wir drehen um. Hundert, zweihundert Meter. Aber die Kids sind natürlich über alle Berge. Einen Passanten spreche ich an. Er geht sofort in die Richtung, in die die Kids gelaufen sein müssen. Wir sollen warten. Ich folge ihm. Weit und breit niemand zu sehen. Wir sprechen in einem Palmengarten mit ein paar Leuten, die dort arbeiten. Drei Jungs schließen sich uns an, um uns zu unterstützen. Vor allem Hamid. Aber hier gibt es mindestens zwei größere Orte, die von der Straße so nicht zu erahnen sind. Die Kinder hat niemand gesehen. Wir gehen in eins der beiden Dörfer. Viele, viele Grüppchen Kinder und Jugendliche stehen herum. Meine Helfer sprechen mit einem Dorfältesten, schnell bildet sich eine Ansammlung. Niemand kann offenbar helfen. Wir gehen zurück. Die Jungs empfehlen uns, nach Alnif zurückzukehren, dort eine Anzeige zu erstatten. Das Diebesgut werde sicher wieder auftauchen, aber das sei eine Frage der Zeit. Zeit, die wir nicht damit verbringen wollen.
Wir sind schon fast wieder an der Straße, als der Ersthelfer in dem Steinefeld Vitamintabletten findet. Schon entdecken wir Zahnpasta, Zahnbürste, aufgerissene Hautcreme-Packungen, Salben-Flaschen. Das Reise-Nessecaire, Silberring, Stirnlampe, Geld, dazu eine Alutasse, Löffel etc. bleiben verschwunden. Wir ärgern uns. Hätten es bemerken müssen, dass wir beklaut werden. Es scheint mehr ein Dummer-Jungen-Streich als gezielter Diebstahl. Aber es wirkt wie eine Grundmentalität: dass man sich bedienen kann an den Touristen. Der Verlust liegt bei rund 300 Euro. Es ist vor allem ärgerlich. Liebe deine Diebe?
Seigneur, sur cette terre, montre-moi ton amour
Sans toi à mes côtés, je ne fais que tomber
Viens affermir en moi l'Esprit de charité
Que je sache donner, aimer et pardonner
(Communauté de l'Emmanuel: Plus près de toi mon Dieu)
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