Euphoria
Ostersonntag, 8. April 2012: Kassel - Hann. Münden - Göttingen - Bad Lauterberg am Harz - Braunlage (128 km)
Im Ostergottesdienst von Sancta Familia um fünf Uhr morgens fehlt eine Taufkerze, den Lektoren die richtige Lesung und mir noch ein wenig Schlaf. Lege mich nachher noch mal hin. So starten wir erst kurz nach zehn.
Der Fulda-Radweg nach Hann. Münden ist schön wie eh und je. Sonne und Wolken mit Kälte wechseln. Grad am Weserstein ist es zu kalt für eine Pause. Ein Café tut's auch.
Wie im vergangenen Jahr und vor zehn Jahren geht's auf der B 3 mit bis zu 333 Metern Höhe nach Göttingen. Miri muss leider zurück nach Hause. Wir nutzen den Stopp am Bahnhof, Göttingens einziger und deshalb nicht Hauptbahnhof, für eine ADFC-Harz-Rad-Karte. Eine lohnenswerte Anschaffung, auch wenn sie uns hinter Pöhlde auf einen sich immer mehr verlierenden Waldweg (Foto links) führt, der an einem kleine Abgrund endet.
Doch längst scheint die Sonne. Auch als wir nach 110 Kilometern Bad Lauterberg am Harz erreichen. Eigentlich soll Schluss für heute sein. Zunächst ist kaum eine Herberge zu sehen. Miris Iphone-Recherchen im Zug ermuntern nicht, hier zu bleiben. Es ist erst kurz nach 18 Uhr. Ein freundlicher Radler bestätigt unsere Vermutung: 20 Kilometer, 300 Höhenmeter bis Braunlage. Das müsste zu schaffen sein.
Seinen Tipp, auf der Waldweg-Seite des Stausees zu fahren, ignorieren wir allerdings.
Noch eine kurze Pause an der ohrenbetäubenden Wasserfontäne. Telefonisch erfahren wir, dass Sebastians Vater auf der Homepage entdeckt hat, dass an seinem Fahrrad der Sattel ausgetauscht ist. Sein Sohn hat seinen 20-Euro-Sattel installiert. Ob er besser ist, bleibt offen. Beschwerden hat Sebastian an dieser Stelle jedenfalls keine.
Dem kleinen Aufstieg zur Staumauer folgt die Straße am See, die Sebastian zu einem neuen Rekord führt. 120 Kilometer. Doch das Auffahr-Finale rockt.
Sebastian steigt ab, massiert die Wade. Es zwickt, wie er sagt. Den Rest des Berges erklimmt er in Serpentinen. 200 Höhenmeter. Vier Lerchenberge. Aber mit bis zu zehn, elf Prozent Steigung. So kommen wir auf 600 Meter Höhe. Es geht noch ein wenig bergab. Bei inzwischen Minus zwei Grad. Miri hat uns simultan ein Quartier gebucht, so dass wir bei Pension Wiemann in Braunlage mit "Guten Abend, Herr Gocke" begrüßt werden. Die ältere Wirtin fährt ihren Wagen aus der Garage, damit die Räder darin stehen können. Dabei umkurvt sie uns, unser Gepäck und unsere Räder halbwegs übersichtlich. 128 Kilometer ist Sebastians Rekordmarke heute. Samt 1111 Höhenmetern. Der Brocken kann kommen.
Euphorie.
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