Die Ur-Angst des Bahnfahrers
Epilog: Ich wollte diesmal NICHTS über die Bahn-Fahrt zurück nach Mainz schreiben. Es ist mir so über. Dann das: In Worms steige ich noch einmal um. Eigentlich wäre es viel angenehmer, sitzen zu bleiben und weiter an der Homepage zu schreiben. Aber der Umstieg bringt zwanzig Minuten. Theoretisch. Die ersten fünf Minuten davon verliere ich, weil der schnellere Zug später ankommt. In der App war es kurz zuvor nur eine Minute Verspätung.
Ich muss mit Rad samt Gepäck eine Treppe hinab und erreiche so als erster den Aufzug hinauf auf das andere Gleis.
Als der Zug angekommen ist, startet er einfach nicht wieder. Ich sitze direkt hinter der Führerkabine. Und höre, wie der Lokomotivführer oder wie immer man ihn inzwischen nennt, radebrecht: "Ich hatte drei Maschine, jetzt habe ich zwei." "Dann mache ich jetzt aus und starte neu. Wie lange muss ich warte? Zwei Minuten?" Totales Dunkel. Totale Stille im Wagen. Nicht tut sich. Reichlich zwei Minuten gehen ins Land. Neben uns wartet immer noch der Zug, in dem ich saß. Fahrplanmäßig fährt er erst fünf Minuten nach meinem neuen Zug ab. Plötzlich das: er fährt einfach los. Die Ur-Angst des Bahnfahrers wird mal wieder wahr: ich sitze im falschen Zug.
Die Schaffnerin hat das Pech, dass sie genau in diesem Moment neben mir aus der Führerkabine kommt. Ich protestiere vehement, dass niemand uns informiert hat, dass der andere Zug früher fährt. Denn dieser Zug hält nur noch in Mainz und genau da fährt der andere Zug hin. Allen Passagieren hätte der andere Zug geholfen.
"Niemand kann das wissen," meint die Schaffnerin, die gerade die Ansage gemacht hat, dass wir noch eine Weile warten müssen. Die junge Frau weiß es wohl tatsächlich nicht. Genau das ist das Problem. Es scheint sie auch nicht zu interessieren. Sie hat sich jedenfalls nicht darum gekümmert. Sie behauptet noch, wir würden den andern Zug wieder überholen. Fantasy. Müll. Andere Passagier ergreifen in dem immer noch stillen und dunklen Wagen Partei für die Schaffnerin. "Wollen Sie diesen Scheiß-Job machen?"
Als ich auch einlenke, meint sie, noch nachschieben zu müssen: "Es kann niemand hellsehen."
Irgendwann hat der Neustart Erfolg. Mit 18 Minuten Verspätung setzen wir die Reise fort. Ich erreiche Mainz mit dem Regional-Express 4482 statt um 21.47 Uhr mit 24 Minuten Verspätung um 22.11 Uhr.
|