Kurzbericht aus dem Fax an eine Freundin (16.11.2000)
Liebe I.!
Melde mich gesund und munter zurück. Von Lipova aus die Nebenstrecke war wunderschön, wenn auch nicht ganz so flach wie ich es erwartet hatte. Dafür hatte ich sie mehr oder weniger allein für mich. Aber selbst nach Rückkehr auf die Nationalstraße störte mich kaum ein P- oder LKW. Bis zur bulgarisch-türkischen Grenze hatte ich überhaupt kaum Verkehr. Danach war’s bis Istanbul ziemlich schlimm. Aber sobald mich die Fähre auf der anderen Seite des Bosporus abgesetzt hatte, war’s wieder recht einsam.
Übernachtet habe ich tatsächlich in Hateg. Dort habe ich in einer kleinen, sehr schönen und sauberen, zumal sehr gut geheizten Pension übernachtet. Die hatte ich für das Hotel gehalten, zu dem man mich geschickt hatte, das etwas außerhalb Richtung Craiova lag. Was ich erst am nächsten Morgen entdeckte. In Hateg gibt es übrigens, wie fast in allen Dörfern Bulgariens und der Türkei, in denen ich übernachtet habe, ein Internet-Cafe. Auch die Email-Übertragung hat eigentlich immer problemlos funktioniert. Leider hatte ich deine Email-Adresse nicht notiert, sonst hätte ich mich direkt mal gemeldet.
Craiova habe ich am nächsten Tag dann nicht ganz erreicht. Bei der Streckenplanung hatte ich rund 40 km übersehen. Musste dann an diesem Tag 192 km fahren, um 25 km vor Craiova überhaupt eine recht bescheidene Unterkunft zu finden. Dort bin ich mit Morgengrauen aufgebrochen – weshalb ich mich in Craiova erst mal zwei Stunden lang auftauen musste. Das einzige Mal, das ich richtig gefroren habe.
Südlich von Craiova gibt es tatsächlich einen neuen Grenzübergang nach Bulgarien. Eine hypermoderne Fähre befördert dort hauptsächlich Lkw. So ging es munter weiter orientwärts.
Mir fiel auch kurz hinter Lipova ein, dass ich ja die Streck Rosh Haniqra – Haifa – Jerusalem 1988 bei der Überführung des blauen Fahrrads für dich schon zurückgelegt hatte. Fünf Jahre zuvor war ich ja schon von Essen nach Budapest geradelt. So blieben zwischen Budapest und Rosh Haniqra gerade mal 3.000 km. Davon habe ich diesmal 2.600 km zurückgelegt. An den Ausläufern des Musa Dag im türkisch-syrischen Grenzgebiet veranlasste mich dann die obligatorische Magen-Darm-Infektion zum Rückzug. Nach 18 sonnigen aber kalten Tagen auf dem Rad schaffte mich bei der Abfahrt vom anatolischen Hochplateau die mediterrane Wärme und der Mineralienmangel. Die türkischen Läden hatten bestenfalls natural spring water aber kein Mineralwasser zu bieten. Es fehlten leider ein, zwei Tage zum Auskurieren. Aber das wusste ich ja vorher. Ich bin auch rundum zufrieden. Und froh, keinem der türkischen Autofahrer zum Opfer gefallen zu sein.
So bin ich dann via Istanbul und Budapest zurück geflogen. Seit heute bin ich zurück in der Redaktion. Und misse schon frische Luft und Bewegung...
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