Pain & Glory
Montag, 12. Oktober 2009: Güstrow - Bützow - Schwaan - Rostock (54 km)
Frühmorgen-Shopping beim Stadtbäcker, dm, Norma, Volksbank, bereitet uns ein Zimmer-Frühstück mit Blick aufs Schloss. Wir brauchen noch einmal Barlach. Den gibt’s am Museums-geschlossenen Montag nur im Dom. Der Schwebende. Ein Meisterwerk mit seiner Ruhe, Erhabenheit. Abgehobenheit im besten Sinne (Foto unten).
Die letzte Etappe. Nach Regen am Ortsausgang trocknen wir langsam am Kanal zwischen Güstrow und Bützow mit dem originellen Namen Bützow-Güstrow-Kanal. Kurz hinter der Stadt säumen Pflaumenbäume die Straße. Das Fallobst ist so reif und biomäßig, wie es nur sein kann.
Dann spüren wir immer stärker den schrägen Gegenwind aus Nord-West. Sonja versucht in meinem Windschatten zu fahren. Quält sich. Ihr Knie schmerzt heute so stark, dass sie mich schon weit vor dem Ziel-Ort Rostock fragt, ob ich die Diclofenac-Tube auch griffbereit zur Zugfahrt habe.
Mit einem letzten Shortcut über einen Feld-, Wald- und Wiesenweg vor Schwaan können wir dem Gegenwind ein wenig ausweichen. In Wahrstorf, etwa zehn Kilometer vor dem Ziel, weichen wir vorübergehend in eine doppelt überdachte Bushaltestelle aus. Um ein paar windlose Momente zu erleben. Und uns zu stärken. Das ist vor allem psychologisch notwendig, folgen doch kurz darauf widersprüchliche Kilometer-Angaben zum Rostocker Hauptbahnhof: 11,2 km, 12,4 km, 14,5 km, 13,5 km und direkt darauf: 9,5 km.
Die letzte Angabe stimmte übrigens. Soweit wir das angesichts eines streikenden Kilometer-Zählers sagen können. Jedenfalls sind wir eine knappe halbe Stunde vor Abfahrt am Rostocker Hauptbahnhof. Als ich vom Fahrkartenkauf am Automaten zurück komme, glimmt trotz der Strapazen, die die letzte Etappe noch einmal gefordert hat, ein bisschen Begeisterung bei Sonja auf: „Wir sind ja in Rostock. Das hab ich grad erst so richtig realisiert.“ 360 Kilometer seit Berlin. Eine gewaltige Strecke. Mit viel mehr Steigungen als geahnt.
Am Vierertisch im IC setzen sich zwischen Hamburg-Harburg und Bremen zwei sympathische Pendler zu uns. Sie saß in Thailand schon 36 Stunden im Bus, Olli hat Afrika-Pläne von Kilimandscharo, Sansibar und Serengeti. Dann schläft Sonja. Ihre erste, meine 50. Tour. Was der offizielle Radweg in zehn Etappen teilt, haben wir an fünf Tagen geschafft. Sonja hat sich gleich auf 360 Kilometer katapultiert. Ich habe es bei meiner ersten Radtour in den ersten fünf Tagen nur auf 343 Kilometer gebracht.
Auch diesmal war es eine herrlich-herbstliche Unternehmung. Im gar nicht so flachen Flachland auf einer sehr angenehmen, ausgezeichnet beschilderten Route mit allerbester Infra-Struktur.
Begleitet von vielen spannenden Gesprächen und entspannendem Lachen.
Danke, Sonja.
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