Ich irre auf dem Rad durch die Stadt, stets bedroht vom nächsten Regenwald-Regen (Foto rechts). Am Busbahnhof, wie könnte es an diesem Tag anders sein, wird gerade der Fahrkartenschalter für Cayenne geschlossen. Der letzte Bus für heute ist weg. Da absehbar ist, dass ich in den kommenden Tagen hier nicht über die Grenze komme, erscheint mir die Hauptstadt des Départements, mein Startpunkt Cayenne, als sinnvollste Option. Vielleicht radle ich spontan und notgedrungen von dort nach Brasilien. Der Weg rund um Suriname nach Guayana ist allerdings ein paar tausend Kilometer lang. Ohne große Hoffnung frage ich eine vielleicht Zwölfjährige am Busbahnhof, wie ich hier noch wegkommen kann. Sie überlegt kurz und spricht dann das Zauberwort aus. Natürlich: die Anlegestelle der Boote von Suriname muss der eigentliche Transporthub der Stadt sein. Schon bretter ich die lange Straße runter. Sehe ein Knäuel aus Transportern am Ende stehen. Im nächsten nach Cayenne sind drei von neun Plätzen belegt. Einer durch den bulligen Fahrer. Der gibt sich natürlich optimistisch, dass sein Sammeltaxi bald voll sei. Während die nächsten Tropfen einsetzen klappe ich mein Rad zusammen, damit es in den kleinen Gepäckraum passt (Foto unten). Die Handlanger der kleinen Boote, die aus Suriname kommend hier einfach am Strand anlegen, laufen bei mir ins Leere. Wer weiß, ob ich je über den Fluss setzen darf. Außerdem wollte ich ja die große offizielle Autofähre nehmen, deren Fahrzeiten am Straßenrand schon seit dem Ortsausgang von Cayenne angeschlagen, für Fahrradfahrer aber offenbar irrelevant sind. Es dauert noch ein Stündchen, bis es losgeht. Einmal stürme ich von der Rückbank nach draußen, weil mein Rad droht, von Gepäckbergen erdrückt zu werden. Zuletzt werden meine Nachbarinnen aus New York und Guayana noch beim französischen Zoll vorbeigefahren, um den Einreisestempel zu bekommen. Mehr eine freiwillige Sache an dieser EU-Außengrenze. Ich könnte wohl auch illegal nach Suriname.
Die ganze Strecke nach Cayenne zurück. Der Fahrer gibt Vollgas. Zum Glück gibt der Transporter nicht viel her. Meine Nachbarin aus New York will beim nächsten Mal fliegen. Allerdings kann man von Cayenne nur nach Paris oder Martinique fliegen. Könnte mein Problem werden. Da absehbar ist, dass ich heute nicht mehr an einen richtigen Computer komme, bitte ich während der Fahrt Miri telefonisch, das eVisa für mich von zuhause aus zu beantragen. Um nicht einen weiteren Tag zu verlieren. Am Ende zicken alle Kreditkarten. Schwager Stefan rettet uns. Merci.
Als in Deutschland alles schläft, erreiche ich mein Airbnb in Cayenne. Eine kleine Holzhütte (Foto unten) am Rande eines eingezäunten Immobilienkomplexes rund um einen Swimmingpool. In den schaffe ich es mangels Code heute nicht mehr, aber Host Isabelle bietet an, dass ich auch eine zweite Nacht bleiben kann. Wenn nötig. Vor allem hat sie zufällig heute von einem Bekannten gehört, dass morgen in der Botschaft von Suriname doch noch die allerletzten TouristCards vergeben werden...
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