Mission impossible: von der Schwierigkeit, gemeinsam zu beten
Freitag, 15. November 2019: Dickenson Bay - St. John’s/Antigua - Fähre - Little Bay/Montserrat - St Peter’s - Little Bay/Montserrat - Fähre - St. John‘s/Antigua - Dickenson Bay (17 km)
Mein Rad, das blaue Bromtpon, ein Wrack. Miri hat eh kein großes Interesse an Montserrat. Also nehm ich ihr Faltrad, das schwarze Brompton, für einen Daytrip auf die britische Insel. Der ist von den Fährzeiten her für uns nur heute möglich. Um halb neun hin, um fünf Uhr nachmittags zurück. Plus Ticketkauf, Passkontrolle etc.
Das Speedboat "Jaden Sun" liegt im Hafen von St. John's neben zwei kleineren Kreuzfahrtschiffen, darunter die "Hamburg", die maximal 400 Passagieren aufnehmen kann. Im stark gekühlten Innenraum der Fähre, aus dem man während der Fahrt nicht raus kommt, gibt es anfangs Wlan. Die beiden Inseln liegen in Sichtweite. Der große Vulkan auf der Südhälfte von Montserrat ist von Wolken umhüllt. Keine 50 Fahrgäste verlieren sich in den Sitzreihen. Entsprechend schnell bin ich durch den Zoll von Montserrat, der einen Kleeblatt-Stempel in meinem Pass hinterlässt.
Zwischen die auf Kunden wartenden Tourguides haben sich zwei Zeugen Jehovas mit ihrem mobilen Stand gemischt (Foto links). Auf dieser Tour hab ich solche Stände in den verschiedenen Ländern häufig gesehen. Wegen meines deutschen Passes, den die beiden erspäht haben, sprechen sie mich auf Deutsch an. Nathalie und Alexander kommen selbst aus Deutschland. Wurden über eine Vermittlung ihrer Organisation auf Barbados hierhin vermittelt, als sie sich für einen Dienst im Ausland interessierten. Sie wirken total locker. Total nett. Seit vier Jahren leben sie auf der Miniinsel. Mit 18 Followern galten die Glaubensgenossen auf Montserrat als unterstützungswürdig.
Als ich nach einigem Smalltalk und Religionstalk ein gemeinsames Gebet vorschlage, wird es kompliziert. Mit Verweis auf die Vaterunser-Einleitung aus der Bergpredigt von Jesus im Matthäusevangelium (Kapitel 6, Vers 7: "Sagt beim Beten nicht immer und immer wieder dasselbe" Neue-Welt-Übersetzung der Zeugen Jehovas; Luther-Bibel: "Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern wie die Heiden"; Das Projekt 'Hoffnung für alle' übersetzt: "Leiere nicht gedankenlos Gebete herunter wie Leute, die Gott nicht kennen") lehnen sie vorliegende Gebetstexte ab. Auch die von mir vorgeschlagenen Psalmen wollen sie deshalb nicht mitbeten. Gegen einen Psalm als Bibeltext haben sie aber nichts einzuwenden. Alexander ist bei seiner kontinuierlichen Bibellektüre heute sowieso bei Psalm 108 angekommen. Nehmen wir den: "Ich werde die Morgenröte wecken... Denn groß ist deine loyale Liebe, so hoch wie der Himmel,
und deine Treue, sie reicht bis zu den Wolken." (gleiche Übersetzung) Als wir schließlich loslegen, gehe ich von dieser Reihenfolge aus: Psalm, freies Gebet von uns dreien, mündend in das Vaterunser, hier "Unser Vater". Alexander trägt den Psalm vor, spricht ein persönliches Gebet, ich folge. Nathalie nicht. Kein Problem. Aber auch das "Unser Vater" entfällt. Denn selbst das wäre ja "immer und immer wieder dasselbe". Um unsern Minigottesdienst zu einem harmonischen und gendergerechten Abschluss zu bringen, schlage ich vor, dass Nathalie einen abschließenden Segen spricht. Nathalie aber, die jederzeit als Reinkarnation der Königin von Saba durchgehen würde, sieht sich schöpfungstheologisch nicht in der Position, bei Anwesenheit ihres Mannes vorzubeten, denn: "Die Frauen sollen sich ihren Männern unterordnen wie dem Herrn. Denn ein Mann ist das Haupt seiner Frau." (Brief an die Epheser)
Beim Gang unterm Sonnenschirm (Foto oben) zu ihrem Auto, wohl älter als sie selbst, landen wir wieder bei vermeintlich einfacheren Themen wie dem aktuellen UV-Faktor.
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