Wüstenstadt mit Slum und dem
lahmsten Internet 1. Adventssonntag, 3.
Dezember 2006: Laayoune - El Marsa (Laayoune Plage) - Lemsid - Boujdour
(192 km) Mit 192 km längste und bisher leichteste Etappe. Von
Laayoune geht es zunächst vierspurig westwärts zur Hafenstadt El Marsa.
Hat man das hundert Kilometer lange Förderband vom Phosphatabbau bei
Boukraa überquert (Foto rechts), ist es endlich richtig Wüste. Pottflache
Steinwüste. Am Horizont kann man den Atlantik mehr ahnen als erkennen.
Jetzt ergreift der Nordost-Wind mich und mein Fahrrad. Ich brauche kaum
noch zu strampeln. Nach 80 km Nichts eine Tankstelle mit Restaurant zum
Mittagessen. Und noch mal 80 km Nichts - abgesehen von einem Checkpoint
mit Registrierung auf halber Strecke. Wie eine Fata Morgana erscheint
eine richtige Stadt: Boujdour. Dass sie 4000 Einwohner haben soll, hatte
ich gelesen, nur nicht, dass ein Großteil davon in einem Slum am Ortsrand
lebt. Da die Kinder wieder unablässig um Kulis und Kleingeld bitten, wage
ich keine Slumbesichtigung. Der Rest des Ortes ist die andere Welt des
subventionierten marokkanischen Wüstenwunders in der West-Sahara, die die
Marokkaner "marokkanische Sahara" nennen: Großzügige Straßen, opulentes
Warenangebot. Von den drei Hotels wähle ich "Al Qods" (=Jerusalem).
Einfach, aber sehr schön. An solchen Tagen spüre ich die Erschöpfung
erst, wenn ich vom Rad steige. Solange der Wind mich treibt, geht's von
selbst. Und Pausen sind unangenehm, weil es nirgends einen Schutz vor dem
Wind gibt, der dann plötzlich kalt an allem zerrt. Die Internet-Cafés
in Boujdour sind die lahmsten der letzten Jahre. So kann ich meine Seite
nicht aktualisieren, was auch in den nächsten Tagen in der Sahara nicht
möglich sein wird. Schlecht. Ich komme so aber mit dem Pärchen an der
Kasse ins Gespräch. Der Slum am Ortseingang werde von Marokkanern aus dem
Norden bewohnt, die aus "politischen Gründen", sie meinen wohl als
Stimmvieh für eine etwaige Unabhängigkeits-Volksabstimmung, hier
angesiedelt seien. Man habe ihnen bessere Wohnungen angeboten, daran seien
sie aber nicht interessiert.
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