Online, Hotline, Schalter
Prolog: Der lange Weg zum Rad-Bahn-Ticket
Wie schnell und bequem bekomme ich eine Fahrrad-Fahrkarte für die Bahnstrecke Mainz – Ostende? Die Bahn kennt da kein Internet. Nur Hotline oder Schalter. Ich starte am Telefon. Nach zwölf Sekunden drücke ich Nr. 1 für "Fahrkarte". Eine Minute weiter Nr. 6 für "Fahrrad". Als voraussichtliche Wartezeit wird mir fünf Min. vorhergesagt. Doch schon nach wenigen Sekunden, ich hab grad den Lautsprecher angestellt, geht es weiter. Nach insgesamt 3:16 Min. werde ich zum „Ausland“ weitergeleitet. Früher waren gerade die Auslands-Fahrrad-Konditionen das Spezialwissen der exklusiven Bahn-Fahrrad-Hotline. Doch beim „Ausland“, nur von 8 bis 20 Uhr erreichbar, verweisen sie auf die belgischen Bahnen.
Hauptproblem ist übrigens, dass bei den belgischen Zügen (Foto links und unten: Bahnhof von Lüttich/Liège) im Online-Fahrplan überwiegend keine Angaben erscheinen, ob sie Räder befördern. Nach nunmehr vier Minuten wähle ich nun die Europa-Hotline der Belgischen Bahngesellschaft SNCB +32-70797979. Unter „4“ (= Deutsch) ist man „Willkommen im SNCB Kontakt Center“. Unter „1“ (= Ticket) heißt es nach 1:11: „Wir leiten den Anruf an einen unseren Mitarbeiter weiter“. Gefolgt von (für Bahn-Verhältnisse) außergewöhnlich lebhafter Musik. Bei 2:22 Freizeichen, bei 2:33 meldet sich ein Deutscher aus Brüssel. Sehr freundlich. Schon erfahre ich, dass Fahrradtransporte auch im IC in Belgien kein Problem seien. Die Tickets bekäme ich natürlich in Deutschland. Nach insgesamt acht Minuten weiß ich nun: ich muss doch zum Schalter.
An einem (gewöhnlich verkehrsarmen) Samstagnachmittag ziehe ich im Mainzer Hauptbahnhof ein Warteticket. 18 potentielle Fahrgäste sind vor mir dran. Bei vier geöffneten Schaltern muss ich 25, in einem Wort: „fünfundzwanzig“, Minuten waren. Macht rund sechs Minuten pro Beratung. Ich brauche zehn Minuten. Schließlich will man für die Fahrtkarte unter anderem auch Namen und Adresse beider Fahrrad-Besitzer. Zehn Euro kostet die internationale Fahrradkarte. BahnCard-Ermäßigung gibt es nicht. Auch die „Service“-Frau am Bahn-Schalter kann übrigens nicht erkennen, auf welchen Zügen ich in Belgien Fahrräder befördern kann. Also: Ohne Hotline und Schalter keine Fahrrad-Zugfahrt nach Belgien.
Warum hatten wir Ostende als Ziel unserer Bahn- und Start unserer Rad-Tour gewählt? Weil es im Vergleich zu allen anderen Orten an der Kanalküste am einfachsten mit der Bahn zu erreichen schien.
Als ich kurz vor der Abfahrt dann auch die Fahrkarten kaufen wollte, waren mehr als 30 Leute vor mir mit ihrer Wartenummer. Ich hab's dann am Automaten versucht. Und siehe da: "Oostende"-Tickets gibt's dort. Zum Preis von 100,60 Euro (zwei Personen mit BahnCard 50). Am Schalter hatten sie mir beim Kauf der Fahrrad-Tickets gesagt, das koste 116 Euro...
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