Ein, zwei Kilometer vor der Stadtgrenze von Tours, weist uns ein Fahrrad-Schild zum TGV-Bahnhof in St.-Pierre-des-Corps. Ein kleines, ruhiges Vorstadt-Städtchen im Osten von Tours. Mit einem TER-Nahverkehrszug (Fahrrad-Transport kostenlos) wollen wir um 18:08 Uhr zur Atlantikküste in Le Croisic durchstarten. Um dort den morgigen Relaxtag zu verbringen und dann mit dem vorher gesagten Westwind den zweiten Teil der Loire wiederum bis Tours erradeln.
Der Zug kommt pünktlich von Orléans, ist aber erstaunlich kurz und die Menge auf dem Bahnsteig erstaunlich groß. Es bilden sich große Trauben an den drei Eingängen. Die sich Minute um Minute langsam in die Bahn drücken. Da kommt die kleine, nette, aber resolute Schaffnerin auf uns zu: die Fahrräder könnten wir auf keinen Fall mitnehmen. Ich sage, dass es für uns die letzte Möglichkeit heute sei, Le Croisic zu erreichen und dass wir dort ein Hotelzimmer gebucht hätten. Die verschiedenen Bahn-Mitarbeiter (Fotos rechts, links) scheinen das auf ihren Smartphones zu checken, sagen nichts und halten danach eher Abstand zu uns. Erklären nur, es sei halt das Ende der Osterferien.
Wir gehen in Gedanken verschiedene Alternativpläne durch und beobachten das Schauspiel an den Türen. Es gibt verschiedene Ansagen. Daraufhin verlassen einige tatsächlich den Zug. Offenbar gibt es Alternativen beim Transport nach Saumur. Und wieder verlassen einige die Bahn, die nun schon zwanzig Minuten hier steht. Platz für uns, geschweige denn unsere Fahrräder, ist nicht erkennbar. Wir stehen auch eigentlich nur noch auf dem Bahnsteig, um nach Abfahrt des Zuges mit den verbliebenen Mitarbeitern zu klären, ob man die Tickets umtauschen kann o.ä.
Völlig unvermittelt wenden sich dann die Bahnmitarbeiter an uns. Fordern uns auf, das Gepäck vom Rad zu nehmen. Wir sollen vorne einsteigen und hier beim mittleren Eingang übernehmen sie das Hineinzwängen unserer Räder. Das wir gar nicht mehr mitbekommen (wollen...), weil wir uns überglücklich mit haufenweise Gepäck zum vorderen Einstieg schleppen. Wo wir mit Müh und Not alles reinpressen.
Bahnhof für Bahnhof wird die Lage überschaubarer. Nach und nach können wir unsere Gepäckstücke wieder zusammenführen, erst einen Sitzplatz, dann einen zweiten Sitzplatz ergattern. Schließlich kann ich sogar durch den Zug gehen, um die Lage der Räder zu checken. Miris Rad steht aufrecht neben den drei aufgehängten Rädern und fällt gelegentlich auf die umstehenden Passagiere herab. Wo ist meins? Ach ja, zwei weitere Räder stehen aufrecht im Klo, dessen Tür sich nicht mehr schließen lässt (Foto unten).
Da ist der Zugang zu unserem Hotel in Le Croisic fast ein Kinderspiel. Obwohl der Zug die zwanzig Minuten Verspätung wieder eingeholt hat, stellen wir kurz nach neun fest, dass die Rezeption geschlossen ist. Der Schlüssel befindet sich in einem Safe, für den wir aber keinen Code erhalten haben. Wie sich nach mühsamem Herunterladen meiner aktuellen Mails herausstellt. Vier Mal muss ich die angegebene Nummer anrufen, auf der wiederum die eigentliche Notfallnummer zu hören ist. Die ist aber à la francaise so schnell gesprochen, dass selbst ein Franzose, den ich um Hilfe bitte, sie erst beim dritten Mal versteht. Schon spreche ich mit einem Herrn in einem Call-Center in Deauville in der Normandie. Der kennt tatsächlich den Code, mit dem ich hier am Atlantik unseren Zimmerschlüssel für das Appartement mit Meerblick und Swimming-Pool (Foto unten links) aus dem Safe hole.
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