Cinque
Terre: Manarola, Ziel der Via dell' Amore
Noch ein Giro-Gipfel: Basso am
Bracco
Donnerstag, 26. April 2007:
Vernazza - Levanto - Valico Guaitarola (617 m) - Passo del Bracco (615 m)
- Genua (104 km) Höhenmeter heute: 1888. Der härteste, heftigste
Tag. Und ein großartiger. Zuerst der Aufstieg von Vernazza. Vorher noch
Miris Meeresbad, Frühstück mit Meeresblick von den Klippen. Dann der
Aufstieg mit immer neuem grandiosem Blick auf das so schnell lieb
gewonnene Vernazza, Cinque Terre. Es ist so steil, dass uns ein
Kinderwagenschieber ständig einzuholen droht. Wir bringen uns auf 500 m.
Dann die Abfahrt nach Levanto. Dort zur Touri-Info: Gibt es eine
Möglichkeit, an der Küste entlang weiter zu fahren mit den Fahrrädern?
Nach Genua! "Genova? It's far away. You must take the train." Auch
härteste Nachfragen, wie man am besten nach Genua radele, ergeben nur eine
Antwort: "You must take the train. There is no ferry." Also wieder
bergauf. Auf den 600-er-Doppelpass. Auf dem Asphalt immer wieder befeuert:
Ivan Basso, damals noch nicht Doping-belastet. Der Giro d'Italia quälte
sich diesen Pass im vergangenen Jahr hinauf. Wie sehr Rennradeln in
Italien Volkssport ist, erleben wir täglich mit ständig überholenden oder
entgegenkommenden Rennradlern, meist älteren Jahrgangs. Auf der Passhöhe,
mitten in lockeren Pinienwäldern, ein Brunnen mit Radler-Relief und
marianischem Fahrrad-Denkmal für die Giro-Bergwertung am 617 m hohen
Valico Guaitarola. Ein paar Meter weiter, jetzt wieder auf der sehr
leeren Nationalstraße, der Passo del Bracco. Den haben wir auch vor 25
Jahren von Norden kommend abgeradelt. Dann die lange Abfahrt nach Sestri
Levante. Von dort an wieder reichlich Verkehr. In Chiavari plündern wir
eine Pasticceria. Rechtzeitig. Denn nach dem Ort geht's wieder auf 270 m.
Dann sind wir wieder auf Meereshöhe in Rapallo. Netter Bade- und Hafenort,
wo schon Freud und Nietzsche (Touri-Info: "Nietsche") kurten. Wir sind
erst 75 km gefahren, aber kaputt. Die Zeit drängt. Deshalb noch eine
Extra-Schicht bis Genua. Nochmal auf 275 m, dann ab und auf und ab und auf
und ab. Genua, wo wir in einer Vorstadt stranden. Miri hat noch Kräfte zum
Wäschewaschen, ich für die Statistik: 1888 Höhenmeter.
Ligurische
Küste: Caps, Buchten, Tunnel...
Der berühmteste Christoph aller
Zeiten
Freitag, 27. April 2007: Genua
- Imperia - Arma di Taggia (148 km) Frühstück mal wieder eine
italienische Frechheit. Cappuchino und Plastik-Croissant. Sollten wir
einfach ein Omelette bestellen. Als ich die Idee hab, sind wir längst auf
der Strecke. Genua durchradeln wir im touristischen Kurzprogramm: Sind
von der Via Garibaldi, die uns Marco Polo als die schönste Italiens
ankündigt, enttäuscht. Ein altes Holzschiff im Hafen, Rekonstruktion des
berühmtesten Schiffs der Entdeckungsgeschichte, beeindruckt mehr: mit der
Santa Maria entdeckte Columbus Amerika. Allerorten Columbus-Statuen,
Straßen. Er, der bisher berühmteste Christopherus, ist meist die einzige
Assoziation in arabischen Ländern, wenn ich mich als Christoph
oute. Die Strecke heute recht leicht. Zumindest sobald wir aus den
vollen Straßen Genuas heraus sind. Nur an den Caps gewinnen wir regelmäßig
an Höhe: Capo San Martin, Capo di Vado, Capo di Noli, Capo Santa Croce,
Capo Mele, Capo Cervo, Capo Berta. Letzteres beschert uns die letzten 150
von 750 Höhenmetern. Überflüssiger Weise. Denn mit dem Fahrrad kann man
leicht unten am Ufer bleiben. Das sehen wir aber erst von oben. Auch
heute fahren wir über das Genussradeln hinaus. Die letzten Kilometer
morgen nach Nizza sind wegen der vielen Grenzen und Parallelstraßen am
Hang schwer einzuschätzen. Als wir endlich halten wollen, gibt's keine
Unterkünfte mehr. Oder die es gibt, sind angeblich "completo". Am Ende
haben wir Glück in Arma di Taggia. Direkt am Strand. Kann Mirississimi
morgen früh wieder schwimmen.
Monaco:
Wachsen nach oben, unten und ins Meer
Nach dem Finale Bahn und Rollbahn
Samstag, 28. April 2007: Arma
di Taggia - Grenzen Italien/Frankreich/Monaco/Frankreich - Nizza (71
km) Finale. Gestern schon "Finale Ligure". Ligurien reicht noch ein
Weilchen darüber hinaus. Selbst Nizza wurde früher dazu gezählt. "Côte
d'Azur" ist erst eine Tourismus-Kreation des 19. Jahrhunderts. Die
Italiener aber kündigen weder Frankreich, Monaco oder Nizza an. "Confine
di stato" heißt es nur auf den Verkehrsschildern rund um Ventimiglia. Kurz
hinter einem weiteren der vielen, vielen Tunnel, die das Radln an der
Küste erleichtern, die Grenze, die dank Schengen kaum mehr eine ist. Ein
paar Grenzsoldaten stehen trotzdem rum, genau wie die alten
Abfertigungsgebäude. Zögernd rollen die Fahrzeuge weiter. Zwölf
Kilometer kurz ist die französische Küstenstrecke, bevor sie vom
Fürstentum Monaco abgelöst wird. Heutzutage primär eine Steuergrenze. Der
Stadtstaat wächst in den Himmel, in die Erde und ins Meer. Das Casino von
Monte Carlo, das heuer nur noch vier Prozent zum Staatshaushalt beiträgt,
ist umgeben von Luxuskarossen wie denen der Marke Maserati. Touris halten
alles in Pixeln fest. Wir zelebrieren unsere Lebensmittelreserven im
Casino-Schatten. Ich habe mit Monaco nun auch den letzten der acht
Alpen-Staaten erreicht. Weiter geht's. Noch einmal Kurven, Anhöhen,
Tunnel, Buchten. Eh voilà: Nice. Nizza. Nice Nizza. Promenade des Anglais.
Vor dem legendären Hotel Negresco steigen wir ins erfrischende Mittelmeer.
Arrivé. Mit dem Zug rollen wir weiter. Wie oft haben wir die Bahn um ihre
Gleise und kleinen Tunnel von den Höhen herab beneidet. Als Passagier
nehmen wir das Rollen auf Meereshöhe wie selbstverständlich hin. Im Hafen
von Marseille geht die Sonne im Mittelmeer unter. Der Flughafenbus bringt
uns zum Hotel in Rollbahn-Nähe.
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